Neuere Rechtsprechung zum haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang in § 7 StVG
Einführung
Bei den Homburger Tagen 2007 hat RiBGH Zoll darauf hingewiesen, dass das Tatbestandsmerkmal "bei dem Betrieb" in § 7 StVG in der Praxis immer wieder zu eng gesehen wird. Die Problematik ist fortlaufend aktuell: Der BGH hat seitdem wiederholt eine zu enge Auslegung des Betriebsmerkmals durch die Gerichte beanstandet. Zuletzt hatte der VI. Senat darüber zu entschieden, ob der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang im Rahmen der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung ausgeschlossen ist, wenn der Unfallbeteiligte eine Gesundheitsverletzung erleidet, weil er aussteigt und dann auf der Fahrbahn bei Glatteis stürzt. Die Entscheidung bietet Anlass, die neuere Rechtsprechung zum haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang zu analysieren. Der Beitrag will aufzeigen, in welchen Konstellationen sich regelmäßig Wertungsfragen ergeben, die in der Praxis einzelfallbezogen, aber auf der Grundlage der zahlreichen höchstrichterlichen Wertungsvorgaben, zu beurteilen sind.
A. Bedeutung der Haftung aus § 7 StVG
Die Gefährdungshaftung hat an Bedeutung gewonnen, seitdem diese bei Unfällen zwischen Kraftfahrzeugen und nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern nur noch bei höherer Gewalt ausgeschlossen ist. Das zweite Schadensrechtsänderungsgesetz führte zu einem erweiterten Schutz nicht motorisierter Verkehrsteilnehmer, wenn diese den Unfall in einer Weise mitverursacht haben, die das Geschehen zu einem unabwendbaren Ereignis macht. Eine neuere Entscheidung des OLG Nürnberg verdeutlicht die Folgen der verschärften Halterhaftung: Fährt ein Linienbus auf einen Pkw auf und werden dabei Fahrgäste des Busses verletzt, so haften die Fahrzeughalter den Verletzten aus Gefährdungshaftung gesamtschuldnerisch, da die Haftung des Pkw-Halters nicht mehr gemäß § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen ist und § 17 Abs. 3 StVG im Verhältnis zu den Businsassen nicht zur Anwendung kommt.
Die Bedeutung der Gefährdungshaftung ist aber auch deshalb groß, weil die Anforderungen an den Nachweis der haftungsbegründenden Umstände dem Wortlaut nach nur sehr gering sind: Die Haftung hängt ausschließlich davon ab, ob eines der in § 7 StVG genannten Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" verletzt worden ist. Das Tatbestandsmerkmal ist sehr weit und unbestimmt gefasst. Grenzen für die Haftung lassen sich aus dem Wortlaut praktisch nicht ableiten. Jede erdenkliche Beteiligung eines Kraftfahrzeugs genügt, um die haftungsbegründenden Voraussetzungen dem Wortlaut nach zu erfüllen. Dem Gesetzeswortlaut lassen sich auch keine Anhaltspunkte entnehmen, wie der unbestimmte Rechtsbegriff bei dem Betrieb im Einzelfall auszulegen ist, so dass es Aufgabe der Rechtsprechung ist, eine Konkretisierung vorzunehmen.
B. Notwendigkeit eines Haftungskorrektivs
Entscheidende Bedeutung kommt dabei dem haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang zu. Dieser bietet der Rechtsprechung eine Möglichkeit, um die äußerst weite Haftung aufgrund wertungsmäßiger Korrekturen im Einzelfall zu beschränken. Davon macht die Rechtsprechung immer dann Gebrauch, wenn die Haftung aus § 7 StVG als zu weitgehend empfunden wird. Letztendlich geht es um eine wertungsmäßige Reduktion der Gefährdungshaftung durch richterliche Rechtsfortbildung und nicht um eine Subsumption unter den Wortlaut des § 7 StVG. Deutlich wird die Problematik der vom Wortlaut her u.U. zu weitreichenden Gefährdungshaftung an Hand des Kickboardfalls: Der BGH hat dort knapp formuliert, dass sich die Betriebsgefahr eines ordnungsgemäß am rechten Fahrbahnrand abgestellten Pkw "nicht ausgewirkt hat", wenn ein Kickboardfahrer aus Unachtsamkeit stürzt und das Kickboard dabei gegen das Fahrzeug prallt. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang aufgrund von Wertungsgesichtspunkten fehlt. Zwar befindet sich ein ordnungsgemäß geparktes Kfz noch in Betrieb. Die Kausalität der Anwesenheit ist aber nicht ausreichend, weil der Unfall nicht durch die von dem Kfz ausgehenden Gefahren geprägt worden ist, vor denen das StVG Schutz bieten will.
C. Voraussetzungen der Zurechenbarkeit
Um dem Gesetzeszweck und den Gefahren des Verkehrs Rechnung zu tragen, ist bei der wertungsmäßigen Beschränkung der Haftung aber Zurückhaltung geboten. Der BGH geht dementsprechend davon aus, dass eine Einschränkung nur unter besonderen Umständen im Einzelfall in Frage kommt. Auf die Adäquanz und damit die Vorhersehbarkeit kommt es jedenfalls ni...