Bachmeier überzeugte bereits mit seinen hervorragenden Ausführungen zum Zivilrecht im Fachanwaltskommentar Verkehrsrecht (Ferner/Bachmeier/Müller, 1. Aufl. 2009) und setzt diesen guten Eindruck mit seinem neuen Werk zur Regulierung von Auslandsunfällen nahtlos fort. Auf über 800 Seiten wird ein für die Rechtsprechung – dem EuGH sei Dank – und die außergerichtliche Regulierung immer wichtigeres Thema, der Auslandsunfall, aufbereitet und mit Lösungsansätzen erläutert. Dabei geht Bachmeier von der sehr realistischen Prämisse aus, dass die Rechtsentwicklung in diesem Bereich noch etliche Jahre andauern wird (S. 5). Umso wichtiger ist es deshalb, mit einem Werk wie diesem eine solide Wissensbasis schaffen zu können, von der aus man die Fälle des Praxisalltags angehen kann.
Neben dem Hauptautor Bachmeier haben zahlreiche Fachautoren Länderberichte verfasst und so die Rechtslage in den meisten Anrainerstaaten und weiteren großen europäischen Staaten (meist typische deutsche Reiseziele) abgebildet. Leider sind Luxemburg und Tschechien nicht in den Länderberichten enthalten. Die jeweiligen Fachautoren sind mit Kontaktdaten aufgeführt und auch sonst bietet das Werk gedruckt (S. 162 ff.) und online (www.bachmeier.nomos.de) zahlreiche Hilfestellungen. Vor den einzelnen Abschnitten gibt es umfangreiche und sehr aktuelle Literaturhinweise, die das allgemeine Literaturverzeichnis ideal ergänzen.
Die einzelnen Länderberichte beinhalten jeweils vier Abschnitte. Zunächst wird der Haftungsgrund geprüft, danach zur Schadenshöhe ausgeführt (z.B. Schmerzensgeld, Regress, Haftungsprivilegien oder Quotenvorrecht). Schließlich wird die Durchsetzung der Ansprüche thematisiert und am Ende werden wichtige Arbeitsmittel vorgestellt, z.B. Kommentare, Internetadressen oder wichtige Gesetze des jeweiligen Landes. Die insgesamt elf alphabetisch sortierten Länderberichte sind dabei an sich und untereinander ähnlich umfangreich, sodass man eben nicht das Gefühl hat, hier werde ein nationales Thema mit ein bisschen europäischem Anhang aufgehübscht, sondern man bekommt hier unter gleichen Qualitätsvorgaben erstellte Darstellungen.
Die Unfallschadensregulierung mit Auslandsbeteiligung bezogen auf das deutsche Recht wird zu Beginn ausführlich besprochen und in mehrere Unterthemen aufgeteilt. Zunächst werden die gerichtlichen Rahmenbedingungen erläutert, danach geht es um den Inlandsunfall mit ausländischen Fahrzeugen (zivile als auch militärische Fahrzeuge), sodann um den Auslandsunfall mit inländischen Fahrzeugen und schließlich um Auslandsunfälle in Drittländern. Sehr positiv fällt auf, dass Bachmeier "Klartext" spricht und vor den ohnehin zahlreichen rechtlichen Problemen auf die tatsächlichen Hürden der Falllösung hinweist: Die Sach- und Personalausstattung der Justiz erlaubt es nicht, einen atypischen Verkehrsunfall wie den mit Auslandsbezug angemessen zu bearbeiten (S. 31 ff. mit verschiedenen Lösungsansätzen). Das Folgeproblem: Der Richter ist mehr als üblich darauf angewiesen, von außen Sach- und Rechtsinformationen zu erhalten. Der Versicherer mit entsprechend hoher Anzahl von Fällen mit Auslandsbezug und gut ausgestatteter Rechtsabteilung kann also durch entsprechenden Schriftsatzvortrag das Gericht weit stärker beeinflussen als dies bei rein nationalen Sachverhalten der Fall wäre. Dieses Problem muss seitens der Anwaltschaft im Auge behalten werden.
Im Rahmen des Unterkapitels zum Auslandsunfall mit inländischen Fahrzeugen, das beinahe 100 Seiten umfasst, wird die Rom-II-VO, insbesondere der Geltungsumfang des ausländischen Rechts, maßgeblich erörtert. Gerade die Abgrenzung zwischen anzuwendendem ausländischen materiellem Recht und deutschem Prozessrecht ist schwierig, etwa bei Beweislastregeln. Auch divergierende Ansichten, etwa der Gerichte zur Frage des Beweismaßes (S. 100) oder der Literatur nach der Änderung des § 545 ZPO zur Frage der Revisibilität ausländischen Rechts (S. 108) werden aufgezeigt. Man wartet mit Spannung auf klärende Worte des BGH. Ebenfalls bemerkenswert ist die Herausarbeitung der Wahl des optimalen Gerichtsstands, Forumshopping genannt (S. 131 ff.): Nicht nur rein prozessuale Fragen wie die mitunter schwierige Zustellung kommen dabei zur Sprache, sondern auch taktische Überlegungen (Zweitwohnsitz zwecks Wahl eines "besseren" Gerichts?).
Man würde sich das Buch als Handbuch in doppelter Dicke wünschen, mit noch mehr Informationen, Lösungsansätzen und Arbeitshilfen. Aber die Thematik muss sich ja auch erst entwickeln und mit den im Werk gebotenen Ausführungen kann man die ersten Weichen für den eigenen Fall sehr gut stellen, sowohl was konkrete Informationen und Möglichkeiten der Wissensvertiefung betrifft, aber auch Bachmeiers persönliche Einschätzungen bieten gute Anhaltspunkte. Insgesamt eine gelungene und sehr erfreuliche Neuerscheinung.
Autor: Dr. Benjamin Krenberger
RiAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
zfs 10/2013, S. 554 - 555