BGB § 328
Leitsatz
Kommt nach dem Tod eines VN, der einem Dritten ein Bezugsrecht eingeräumt hat, ein Schenkungsvertrag im Valutaverhältnis nicht zustande, weil der VR keinen Anlass hatte, weitere Ermittlungen nach dem Wohnsitz des Bezugsberechtigten anzustellen, so verletzt er den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots nicht schuldhaft.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BGH, Beschl. v. 10.4.2013 – IV ZR 38/12
Sachverhalt
Der am 21.4.2008 verstorbene Erblasser hatte die Kl. – seine erste Ehefrau – im Rahmen eines Gruppen-Lebensversicherungsvertrags seines Arbeitgebers mit der Bekl. im Jahre 1976 als Bezugsberechtigte der Todesfallleistung benannt. Erbin des Verstorbenen ist seine zweite Ehefrau.
Nachdem sie am 2.5.2008 Kenntnis vom Tode des Erblassers erhalten hatte, wandte sich die Bekl. mit Schreiben v. 5.5.2008 an die Erbin mit der Bitte um Mitteilung der Adresse der Kl., erhielt jedoch keine Antwort. Sodann richtete die Bekl. unter dem 20.5.2008 eine Anfrage an das Einwohnermeldeamt, welches am 13.8.2008 als neue Anschrift die derzeitige Adresse der Kl. mitteilte, nicht aber deren aus Anlass ihrer Wiederverheiratung vollzogenen Wechsel des Nachnamens. Zwei von der Bekl. mit Datum v. 9.9.2008 und 7.11.2008 unter dem früheren Namen der Kl. an deren neue Adresse übersandte Schreiben kamen mit dem Vermerk "Anschrift nicht zu ermitteln" zurück.
Mit Anwaltsschreiben v. 17.7.2009 widerrief die Erbin gegenüber der Bekl. den zugunsten der Kl. erteilten Übermittlungsauftrag des Erblassers. Die Bekl. zahlte daraufhin die Versicherungsleistung i.H.v. 50.106 EUR an die Erbin aus. Die Kl. meint, die Bekl. habe die ihr gegenüber bestehende Pflicht zur Übermittlung des Schenkungsangebots des Erblassers durch unzureichende Ermittlungen nach ihrem Aufenthalt und Namen verletzt, und fordert deshalb Schadensersatz in Höhe der Versicherungsleistung. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
2 Aus den Gründen:
[6] "II. Die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Revision im Beschlusswege nach § 552a ZPO sind gegeben."
[7] 1. Bei Verfügungen unter Lebenden zugunsten Dritter auf den Todesfall ist wie das BG zutreffend gesehen hat zwischen dem Deckungsverhältnis, das ist hier die der Kl. im Rahmen des Lebensversicherungsvertrags eingeräumte Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung, und dem Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis) zwischen dem verfügenden VN (hier: dem Versicherten) und dem Begünstigten (der Kl.) zu unterscheiden. Beide Rechtsverhältnisse unterliegen sowohl hinsichtlich der durch sie begründeten Rechtsbeziehungen als auch mit Blick auf die Anfechtung von Willenserklärungen dem Schuldrecht. Erbrechtliche Bestimmungen finden insoweit keine Anwendung (vgl. dazu Senat r+s 2008, 384 Rn 19 m.w.N.).
[8] a) Die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung verschafft dem Begünstigten im Versicherungsfall eine im Deckungsverhältnis jedenfalls insoweit unentziehbare Rechtsstellung, als die Erben des VN hier des Versicherten diese Bezugsberechtigung nicht mehr ändern oder widerrufen können … .
[9] b) Nach st. Rspr. des Senats, an der festzuhalten ist, beantwortet grd. allein das Valutaverhältnis, für das hier nur eine Schenkung in Betracht kommt, ob der Begünstigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zu den Erben des Versicherten behalten darf … . Die Erklärung des Versicherten gegenüber dem VR, es werde der Kl. eine Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung eingeräumt, enthält zugleich den konkludenten Auftrag an den Lebensversicherer, ihr nach Eintritt des Versicherungsfalles das Schenkungsangebot des Versicherten zu überbringen.
[10] 2. Ein insoweit mit Botendiensten beauftragter VR erfüllt diesen Auftrag im Regelfall durch Auszahlung der Versicherungssumme an den Begünstigten, weil darin konkludent das Schenkungsangebot des Verstorbenen zum Ausdruck kommt. Dieses Angebot kann der Begünstigte durch Annahme des Geldes konkludent annehmen … .
[11] Im Streitfall ist ein wirksamer Schenkungsvertrag zwischen dem Versicherten und der Kl. allerdings nicht zustande gekommen, weil die Bekl. den jetzigen Familiennamen der Kl. nicht ermittelt hat und es ihr deshalb nicht gelungen ist, der Kl. das Schenkungsangebot zu übermitteln, ehe ihr Botenauftrag von der Erbin widerrufen wurde.
[12] 3. Ob auch der vom Versicherten mit Benennung eines Bezugsberechtigten konkludent erteilte Botenauftrag an den VR zu einem echten Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 328 BGB; so Muscheler, WM 1994, 921, 923) oder aber zu einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (vgl. dazu OLG Hamm NJW-RR 2009, 1409; LG München FamRZ 2005, 134, 135; Hasse, VersR 2009, 41, 44; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 328 Rn 13–20, 30a; Schneider, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 159 Rn 14) führt, aus dem eigene Schadensersatzansprüche des Begünstigten gegen den VR im Falle der pflichtwidrigen Ausführung entstehen können (vgl. dazu Liessem, BB 1989, 862, 865), kann offen bleiben. Ebenso wenig braucht entschieden zu werden, ob der Schutzzweck eines solchen Vertrags gerade auch darauf gericht...