" … Der Zuständigkeitsstreit ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2 durch das OLG Bamberg zu entscheiden, weil das zu seinem Bezirk gehörende LG A zuerst mit der Sache befasst war."
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 8 ZPO liegen vor, da die LG A und H in einem negativen Kompetenzkonflikt verfangen sind (BGH LM Nr. 1).
Örtlich zuständig ist das LG A.
Zwar ist ein Verweisungsbeschluss nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO grds. bindend. Diese Bindungswirkung tritt jedoch ausnahmsweise u.a. dann nicht ein, wenn eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 281 Rn 17a m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Das LG A holte mit Verfügung vom 15.2.2013 eine für seine Entscheidung v. 4.3.2013 maßgebliche Stellungnahme des Kl. ein, ohne den Bekl. Gelegenheit zu geben, sich zu dem daraufhin erfolgten Vortrag des Kl. im Schriftsatz v. 1.3.2013 zu äußern.
Nach § 29 Abs. 1 ZPO ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Dies ist im Streitfall das LG A.
Der Erfüllungsort bestimmt sich nach dem Leistungsort, der sich aus § 269 Abs. 1 und 2 BGB ergibt. Dabei ist der Leistungsort bei gegenseitigen Verträgen grds. für jede einzelne Verpflichtung gesondert festzustellen (BGH NJW 1966, 935; NJW 2004, 54, 56). Gegenstand des Rechtsstreits und damit streitige Verpflichtung i.S.v. § 29 Abs. 1 ZPO ist nicht der vertragliche Erfüllungsanspruch, sondern – nach dem vom Kl. erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag – der Rückzahlungsanspruch des Kl. verbunden mit der Rückgewähr der erhaltenen Sache. Der ursprüngliche Vertrag wurde durch den Rücktritt des Kl. in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt (§ 346 BGB). Für die Bestimmung des Erfüllungsortes ist deshalb auf die beidseits bestehenden Rückerstattungspflichten abzustellen, die nach § 348 BGB Zug um Zug zu erfüllen sind (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 29 Rn 21; MüKo/Patzina, ZPO, 3. Aufl., § 29 Rn 62; OLG Bamberg ZGS 2011, 140 ff. Rn 38).
Nach der in der Rspr. und in der Literatur herrschenden Meinung ist einheitlicher Erfüllungsort für die bei einem Rücktritt (wie sich bei einer Wandelung) bestehenden wechselseitigen Pflichten der Ort, an dem sich die zurückzugewährende Sache zur zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet (sog. Austauschort, vgl. RGZ 55, 105, 112; BGHZ 87, 104, 109 ff.; BayObLG MDR 2004, 648 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 29 Rn 25, Stichwort “Kaufvertrag’; Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 29 Rn 21; MüKo/Patzina, a.a.O. Rn 62; OLG Bamberg a.a.O. Rn 39).
Dies rechtfertigt sich daraus, dass der vom Vertragspartner zu vertretende Mangel zu dem Rücktritt geführt hat und der Zurücktretende nach § 346 Abs. 1 BGB nur das Zurückgewähren der Leistung schuldet und damit den Vertragspartner nur in die Lage zu versetzen hat, über die Ware zu verfügen (BGHZ 87, 104, 110).
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend das LG A zuständig, weil sich dort die zurückgewährende Sache zur Zeit des Rücktritte vertragsgemäß befand. Maßgebend ist der vertragsgemäße Belegenheitsort der zurückzugewährenden Sache zum Zeitpunkt des Rücktritts. Im Hinblick auf den vertragsgemäßen Belegenheitsort ist auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache und auf den objektiven Verwendungszweck abzustellen. Bei einem Pkw ist demnach davon auszugehen, dass sich der bestimmungsgemäße Gebrauch nach dem Wohnsitz des Käufers richtet (Staudinger/Bittner, BGB, 2004, § 269 Rn 28). Daraus folgt, dass für den Erfüllungsort auf den Wohnsitz des Kl. zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen ist. Denn maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses (Staudinger, a.a.O., Rn 7). Eine nachträgliche Veränderung des Wohnsitzes ist grds. ohne Einfluss auf den einmal gegebenen Leistungsort (Staudinger, a.a.O., Rn 8 m.w.N.). Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Interessen des Gläubigers mit Rücksicht auf Treu und Glauben einen anderen Erfüllungsort rechtfertigen. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall, weil die Rückabwicklung am Belegenheitsort der Kaufsache zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung in K-D ohne unzumutbare Belastung des Kl. erfolgen kann.
Der Wohnsitzwechsel des Kl. nach H vollzog sich ausweislich des vorgelegten Mietvertrags erst zum 1.7.2012 und damit nach Zugang der Rücktrittserklärung. Wohnsitz des Kl. war zu diesem Zeitpunkt K-D im Zuständigkeitsbereich des LG A.
Auf den tatsächlichen Standort des Fahrzeugs bei den Eltern des Kl. in B kommt es dagegen nicht an, weil es sich dabei nicht um den Ort handelt, an dem sich das Fahrzeug aufgrund des Vertrags bestimmungsgemäß befindet. Denn nach dem Vertrag war nicht vorausgesetzt, dass der Pkw abgemeldet bei den Eltern des Kl. abgestellt wird.“
Mitgeteilt von RA Mathias Pistner, Aschaffenburg
zfs 10/2013, S. 568 - 569