BGB § 269; ZPO § 29
Leitsatz
1. Leistungsort nach § 269 Abs. 1 BGB, der auch die örtliche Zuständigkeit nach § 29 Abs. 1 ZPO bestimmt, ist für einen Rückzahlungsanspruch des Käufers infolge Rücktritts vom Kaufvertrag der Ort, an dem sich zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung die zurück zu gewährende Kaufsache vertragsgemäß befindet (sog. Austauschort).
2. Der vertragsgemäße Belegenheitsort ist bei einem Zug um Zug gegen die Rückgewähr des Kaufpreises herauszugebenden Pkw nach dem Wohnsitz des Käufers zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung zu bestimmen. Eine später erfolgte Wohnsitzverlegung des Käufers ist für die Bestimmung des Austauschortes ohne Bedeutung.
OLG Bamberg, Beschl. v. 24.4.2013 – 8 SA 9/13
Sachverhalt
Der Kl. macht nach dem Rücktritt von einem Kaufvertrag gegen die Bekl., die ihren Sitz in C haben, die Verurteilung der Bekl. zur Rückgewähr des Kaufpreises Zug um Zug gegen die Rücknahme des verkauften Pkw geltend. Zum Zeitpunkt der Rückrittserklärung hatte der Kl. das Fahrzeug abgemeldet und bei seinem Vater im Bereich des LG H abgestellt. Nach der Rücktrittserklärung zog der Kl. in den Bezirk des LG H um. Das von dem Kl. zunächst angerufene LG A erklärte sich ohne Anhörung der Bekl. für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das LG H. Zur Begründung führte das LG A aus, maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit sei es, dass sich der Pkw zur Zeit der Rücktrittserklärung vertragsgemäß bei dem Vater des Kl. befunden habe. Das LG H erklärte sich für örtlich unzuständig und legte die Sache dem LG A, nicht aber dem dem LG A übergeordneten OLG Bamberg zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor. Es hielt den Verweisungsbeschluss des LG A für nicht bindend, da den Bekl. kein rechtliches Gehör gewährt worden sei. Im Übrigen sei der Ort der Unterstellung des Pkw nicht der Ort gewesen, an dem sich der Pkw vertragsgemäß befunden habe. Der Kl. hat die Zuständigkeit des LG H angenommen, da er nunmehr in diesem Bezirk seinen Wohnsitz begründet habe. Die Bekl. haben die Auffassung vertreten, dass ihr Sitz in C die örtliche Zuständigkeit des dortigen Gerichts begründet habe.
Das OLG Bamberg hat die Zuständigkeit des LG A bestimmt.
2 Aus den Gründen:
" … Der Zuständigkeitsstreit ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2 durch das OLG Bamberg zu entscheiden, weil das zu seinem Bezirk gehörende LG A zuerst mit der Sache befasst war."
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 8 ZPO liegen vor, da die LG A und H in einem negativen Kompetenzkonflikt verfangen sind (BGH LM Nr. 1).
Örtlich zuständig ist das LG A.
Zwar ist ein Verweisungsbeschluss nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO grds. bindend. Diese Bindungswirkung tritt jedoch ausnahmsweise u.a. dann nicht ein, wenn eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 281 Rn 17a m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Das LG A holte mit Verfügung vom 15.2.2013 eine für seine Entscheidung v. 4.3.2013 maßgebliche Stellungnahme des Kl. ein, ohne den Bekl. Gelegenheit zu geben, sich zu dem daraufhin erfolgten Vortrag des Kl. im Schriftsatz v. 1.3.2013 zu äußern.
Nach § 29 Abs. 1 ZPO ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Dies ist im Streitfall das LG A.
Der Erfüllungsort bestimmt sich nach dem Leistungsort, der sich aus § 269 Abs. 1 und 2 BGB ergibt. Dabei ist der Leistungsort bei gegenseitigen Verträgen grds. für jede einzelne Verpflichtung gesondert festzustellen (BGH NJW 1966, 935; NJW 2004, 54, 56). Gegenstand des Rechtsstreits und damit streitige Verpflichtung i.S.v. § 29 Abs. 1 ZPO ist nicht der vertragliche Erfüllungsanspruch, sondern – nach dem vom Kl. erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag – der Rückzahlungsanspruch des Kl. verbunden mit der Rückgewähr der erhaltenen Sache. Der ursprüngliche Vertrag wurde durch den Rücktritt des Kl. in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt (§ 346 BGB). Für die Bestimmung des Erfüllungsortes ist deshalb auf die beidseits bestehenden Rückerstattungspflichten abzustellen, die nach § 348 BGB Zug um Zug zu erfüllen sind (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 29 Rn 21; MüKo/Patzina, ZPO, 3. Aufl., § 29 Rn 62; OLG Bamberg ZGS 2011, 140 ff. Rn 38).
Nach der in der Rspr. und in der Literatur herrschenden Meinung ist einheitlicher Erfüllungsort für die bei einem Rücktritt (wie sich bei einer Wandelung) bestehenden wechselseitigen Pflichten der Ort, an dem sich die zurückzugewährende Sache zur zeit des Rücktritts vertragsgemäß befindet (sog. Austauschort, vgl. RGZ 55, 105, 112; BGHZ 87, 104, 109 ff.; BayObLG MDR 2004, 648 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 29 Rn 25, Stichwort “Kaufvertrag’; Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 29 Rn 21; MüKo/Patzina, a.a.O. Rn 62; OLG Bamberg a.a.O. Rn 39).
Dies rechtfertigt sich daraus, dass der vom Vertragspartner zu vertretende Mangel zu dem Rücktritt geführt hat und der Zurücktretende nach § 346 Abs. 1 BGB nur das Zurückgewähren der Leistung schuldet und damit den Vertragspartner nur i...