" … Die Klage ist zulässig und begründet. In der vorliegenden Konstellation handelt es sich bei dem durch einen von außen eingedrungenen Fremdkörper verursachten Reifenplatzer um einen Unfall i.S.v. Ziff. A.2.3.2 AKB und nicht um einen Schaden aufgrund eines Betriebsvorgangs."
1. a) Bei der Abgrenzung eines Unfalls von einem Betriebsschaden i.S.v. Ziff. A.2.3.2 AKB ist zunächst zu berücksichtigen, dass es um eine allgemeine Geschäftsbedingung geht. Vor einer Anwendung der Unklarheitenregel gem. § 305c Abs. 2 BGB und vor Annahme einer unangemessenen Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB ist die Klausel zunächst nach dem Grundsatz objektiver Auslegung (BGH NJW-RR 2007, 1697, 1700) auszulegen. … Dabei ist auszugehen von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden und zu ermitteln, wie der Wortlaut der Klausel von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (BGH NJW 2006, 1056; st. Rspr.). Bei der Auslegung (von AVB) kommt es darauf an, wie ein durchschnittlicher VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs die Klausel verstehen muss (BGH NJW 1993, 2369 f.; st. Rspr.).
In diesem Zusammenhang ist Knappmann (in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.3, Rn 13 … ) der Auffassung, es bleibe unklar, was unter “Schäden aufgrund eines Betriebsvorgangs’ zu verstehen sei. Da sich letztlich jeder Unfall als Folge eines Betriebsvorgangs bezeichnen lasse, sei der Ausschluss entweder umfassend und entwerte dann den Versicherungsschutz oder er bleibe unklar; er sei deswegen unwirksam. Der Begriffsinhalt werde auch durch die Beispiele in Abs. 2 S. 2 der Klausel nicht hinreichend geklärt.
Das erkennende Gericht folgt dieser Auffassung nicht, weil die Klausel – aus Sicht eines durchschnittlichen VN – so ausgelegt werden kann, dass eine hinreichend klare Abgrenzung von versicherten Unfällen und nicht versicherten Schäden aufgrund von Betriebsvorgängen möglich ist. Im Hinblick auf die vorliegend zu treffende Entscheidung kann die Frage nicht offen bleiben, obwohl das Gericht im Ergebnis vom Vorliegen eines Unfalls ausgeht. Denn dieses Ergebnis folgt aus Sicht des Gerichts gerade aus der gebotenen engen Auslegung der Ausschlussklausel in Abs. 2 von Ziff. A.2.3.2 AKB, die eine Unwirksamkeit vermeidet.
b) Nach der grundlegenden Entscheidung des BGH v. 23.10.1968 (NJW 1969, 96) handelt es sich bei Fahrzeugschäden im Zweifel um Betriebsschäden, wenn sie aus solchen Risiken entstehen, denen das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist.
Dafür genügt es nicht, dass der Schaden beim normalen Betrieb eines Kfz eingetreten ist, in diesem Fall also während des Fahrens auf der Autobahn (vgl. OLG Hamm NZV 1989, 396). Vielmehr können auch beim normalen Fahrbetrieb Schäden eintreten, die indes – ggf. mittelbar – auf die Verwirklichung eines ungewöhnlichen Risikos zurückzuführen sind. Dabei dürfte ein Schluss allein aus der statistischen Häufigkeit bestimmter schädigender Vorkommnisse auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Betriebsschadens i.S.d. AKB unzulässig sein. So hat das OLG Koblenz mit Urt. v. 11.2.2011 (VersR 2012, 175, 176) zutreffend darauf hingewiesen, dass etwa das Anfahren eines Fahrzeugs gegen einen starren Gegenstand nicht zu den Gefahren gehöre, denen ein Kfz im Rahmen seiner vorgesehenen konkreten Verwendungsart üblicherweise ausgesetzt sei. Zwar könne es vorkommen, dass ein Pkw im Rahmen seiner üblichen Nutzung gegen einen starren Gegenstand anfahre, ebenso wie das Abkommen von der Fahrbahn oder der Anstoß gegen ein anderes Fahrzeug immer wieder vorkämen, ohne dass diese Vorkommnisse zu den Gefahren gehörten, denen ein Pkw üblicherweise ausgesetzt sei …
Ferner wurde mehrfach entschieden, dass es sich nicht um einen Betriebsschaden handelt, wenn ein allmähliches Geschehen vorliegt, dessen Folgen jedoch für den VN unerwartet waren; der Schaden muss also nicht plötzlich entstanden sein (vgl. Knappmann, a.a.O., Rn 6 m.w.N.).
c) Weiter ist davon auszugehen, dass Grund für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung regelmäßig ist, Unfälle zu versichern, die von einer Teilkasko nicht abgedeckt werden. Eine weite Auslegung der Ausschlussklausel, die den Zweck des Versicherungsvertrags aus Sicht des VN sowie die Hauptpflicht des VR entleeren würde, verbietet sich mithin.
Der Wortlaut steht einer engen Auslegung des Begriffs “Schaden aufgrund eines Betriebsvorgangs’ nicht entgegen. Die Ausschlussklausel wird eingeleitet von den Worten “nicht als Unfallschäden gelten … ’, womit deutlich gemacht wird, dass es sich hierbei um solche Ereignisse handeln soll, die grds. als Unfälle angesehen würden, jedoch im Wege vertraglicher Abrede nicht hierzu zählen sollen. Aus den in Abs. 2 S. 2 von Ziff. A.2.3.2 aufgeführten beispielhaften Brems- oder Betriebsvorgängen, die nicht versich...