RVG § 14; VV RVG Nr. 5100 ff.
Leitsatz
Auch in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ist bei der Bestimmung der Gebühren des Rechtsanwalts grds. von der Mittelgebühr auszugehen. Bei der Bemessung der Gebühren im Einzelfall innerhalb der Gebührenrahmen ist dann auf die Gesamtumstände und die Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Saarbrücken, Beschl. v. 9.7.2014 – 2 Qs 30/14
Sachverhalt
Die Zentrale Bußgeldbehörde … hatte dem bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Betr. mit Bußgeldbescheid v. 13.5.2013 zur Last gelegt, außerhalb geschlossener Ortschaften mit einem Pkw die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 23 km/h überschritten zu haben. Die Ordnungswidrigkeit wurde mit dem Regelsatz nach Ziff. 11.3.4 (70 E) der VO über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbots wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (BKatV) geahndet. Gegen diesen Bußgeldbescheid hat der Betr. durch seinen Rechtsanwalt Einspruch eingelegt und seine Eigenschaft als Führer des festgestellten Kfz bestritten.
Am 28.11.2013 fand eine erste, 17 Minuten dauernde Hauptverhandlung vor dem AG S statt. Das AG unterbrach die Hauptverhandlung und bestimmte Fortsetzungstermin auf den 16.12.2013. In diesem fünfminütigen Termin wurde nach der Inaugenscheinnahme des Bruders des Betr. das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt. Die Verfahrenskosten wie auch die notwendigen Auslagen des Betr. wurden der Staatskasse auferlegt.
Im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Betr. die seinem Verteidigen angefallenen Vergütung auf der Grundlage der jeweiligen Mittelgebühren geltend gemacht. Der Rechtspfleger des AG hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss lediglich unterhalb der Mittelgebühren liegende Gebühren festgesetzt und die Reiseauslagen des Verteidigers insgesamt abgesetzt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte nur hinsichtlich der Reiseauslagen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nur hinsichtlich der Reisekosten begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das AG die sonstigen Gebühren, wie geschehen, festgesetzt. …"
2. In der Sache ist die Beschwerde im Ergebnis weitgehend unbegründet. Zu Recht hat das AG die von dem Verteidiger geltend gemachten Gebühren als unbillig angesehen. Sie unterliegen in dem vom AG vorgenommenen Maße der Korrektur.
a) Gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt in Verfahren, für welche die VV-RVG eine (Betrags-)Rahmengebühr vorsieht, die Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände, insb. der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist wie im vorliegenden Fall aufgrund der Verfahrenseinstellung die Gebühr von einem Dritten, hier der Staatskasse, zu erstatten, ist gem. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Unbillig ist der Gebührenansatz nach herrschender, von der Kammer geteilter Ansicht dann, wenn die beantragte Gebühr um mehr als 20 % über der angemessenen Höhe liegt.
b) Diese Unbilligkeit liegt hier vor. Die in § 14 RVG genannten Kriterien rechtfertigen nicht die Festsetzung der jeweiligen Mittelgebühr.
Ausgangspunkt für die Tätigkeit des Rechtsanwaltes ist – auch in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren – dabei zwar grds. die Mittelgebühr für die Gebührenbemessung. Bei der Gebührenbestimmung innerhalb der Gebührenrahmen ist dann jedoch auf die Gesamtumstände und die Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen.
aa) Die Grundgebühr entsteht mit der erstmaligen Einarbeitung in den Rechtsfall, mit auftragsgemäßer Beschaffung und Entgegennahme der Erstinformation und dem ersten Aktenstudium.
Diese erstmalige Einarbeitung war vorliegend denkbar einfach gelagert und von erheblich unterdurchschnittlicher Anforderung. Die Akte wies zum Zeitpunkt der ersten anwaltlichen Tätigkeit ein Volumen von neun Seiten auf (drei Seiten ausschließlich aus Lichtbildern der Kamera bestehend, eine Kopie des Anhörbogens, zwei Seiten Eichschein, eine Seite Messprotokoll sowie eine Seite, die ausschließlich die Anschrift des Betr. aufweist), wobei der Anwalt zur Einarbeitung in den Fall vorab auf Akteneinsicht verzichtet hatte. Neben dem geringen Umfang wies die Angelegenheit weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten auf, zumal sich das Verteidigungsvorbringen in dem Bestreiten der Fahrereigenschaft erschöpfte.
bb) Auch die weiteren Bemessungskriterien erweisen sich als weit unterdurchschnittlich.
Dies gilt zum einen für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. In der Akte befindet sich neben dem Bestellungsschreiben v. 12.4.2013, dem einen Satz umfassenden Einspruch des Verteidigers v. 21.5.2013, noch die Anregung zur Verfahrenseinstellung im Ermittlungsverfahren, da das Kfz von Familienangehörigen benutzt werden w...