BGB § 346 Abs. 3 S. 2
Leitsatz
Der Käufer eines Fahrzeugs, welches er kaskoversichert hat, ist nach Untergang der Sache zur Herausgabe einer verbleibenden Bereicherung i.S.d. § 346 Abs. 3 S. 2 BGB nur insoweit verpflichtet, als er etwas erlangt hat, was er herausgeben könnte. Dies ist bei einer vom Kaskoversicherer verweigerten Genehmigung der Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung der Versicherungsleistung an den Verkäufer nicht der Fall.
BGH, Urt. v. 25.3.2015 – VIII ZR 38/14
Sachverhalt
Der Kl. macht die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Neuwagen geltend. Nach der Übergabe des Fahrzeugs an den Kl. versuchte die beklagte Verkäuferin mehrfach, verschiedene Mängel des Fahrzeugs zu beheben. Nach dem letzten erfolglosen Nachbesserungsversuch erklärte der Kl. am 22.11.2011 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Bekl. auf, den Kaufpreis unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung gegen Rückgabe des Fahrzeugs zurückzuzahlen. Am 29.8. brannte das Fahrzeug, das sich nach wie vor beim Kl. befand, aus. Der Kl. trat alle Ansprüche aus dem von ihm für das Fahrzeug geschlossenen Kaskoversicherungsvertrag an die Bekl. ab. Die Bekl. nahm die Abtretung an. Der Kaskoversicherer verwies unter Bezugnahme auf die dem Kaskoversicherungsvertrag zugrunde liegenden AVB darauf, dass die Abtretung nicht genehmigt werden könne, da die Eintrittspflicht noch nicht abschließend geprüft sei.
Das LG hat die Bekl. zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus dem Kaskoversicherungsvertrag verurteilt. Die Berufung des Kl., der damit eine vorbehaltlose Verurteilung der Bekl. zur Rückzahlung des Kaufpreises verfolgt hat, blieb ohne Erfolg.
Mit der vom BG zugelassenen Revision begehrt der Kl. nur noch die Aufhebung des Zug-um-Zug-Vorbehalts. Die Revision hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[13] "… Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand."
[14] Das BG hat verkannt, dass der Bekl. – jedenfalls derzeit – kein Anspruch auf Abtretung der Ansprüche des Kl. gegen seine Kaskoversicherung zusteht und deshalb die Verurteilung der Bekl. zur Rückzahlung des Kaufpreises nicht durch einen entsprechenden Zug-um-Zug-Vorbehalt einzuschränken ist.
[15] 1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das BG allerdings da-von ausgegangen, dass der Kl. ursprünglich gem. §§ 434, 437 Nr. 2, § 346 Abs. 1 BGB zur Herausgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs verpflichtet war und diese Verpflichtung durch den Untergang des Fahrzeugs entfallen ist. Einen Anspruch auf Wertersatz nach § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB wegen des Untergangs des Fahrzeugs hat die Bekl., wie die Revisionserwiderung selbst einräumt, in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht. Einen Verfahrensfehler des BG zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.
[16] Gem. § 346 Abs. 3 S. 2 BGB, der eine Rechtsfolgenverweisung auf das in §§ 812 ff. BGB geregelte Bereicherungsrecht enthält (Senatsurt. v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, BGHZ 174, 290 Rn 16 m.w.N.), hat der Rückgewährschuldner, der nach § 346 Abs. 3 S. 1 BGB keinen Wertersatz nach § 346 Abs. 2 BGB zu leisten hat, eine verbleibende Bereicherung heraus-zugeben. Es kann dahinstehen, ob – was das BG nicht geprüft hat – überhaupt ein Wertersatzanspruch entfallen ist. Denn jedenfalls fehlt es an einer herausgabefähigen Bereicherung.
[17] a) Das BG ist allerdings im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass im Falle der Versicherung des untergegangenen Gegenstandes nicht erst die ausgezahlte Versicherungsleistung auszukehren, sondern grds. bereits der Anspruch auf die Versicherungsleistung an den Gläubiger abzutreten ist (§ 398 BGB).
[18] Die Abtretung des Anspruchs gegen die Kaskoversicherung hat der Kl. jedoch bereits erklärt. Anders als das BG meint, rechtfertigt der Umstand, dass nach den Versicherungsbedingungen eine Abtretung von der – hier ausdrücklich verweigerten – Genehmigung der Versicherung abhängt, aber nicht die Annahme, dass der Bekl. gegenwärtig ein Anspruch auf nochmalige – wirksame – Abtretung dieser Ansprüche zustünde.
[19] b) Denn das BG hat verkannt, dass der Kl. derzeit nichts erlangt hat, was er herausgeben könnte. Erlangt i.S.d. hier anwendbaren § 346 Abs. 3 S. 2 BGB ist etwas erst dann, wenn es sich aufgrund des Bereicherungsvorgangs im Vermögen des Bereicherten konkret manifestiert und dadurch eine Verbesserung seiner Vermögenslage eintritt (BGH, Urt. v. 7.1.1971, VII ZR 9/70, BGHZ 55, 128, 131; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl. § 812 Rn 8). Dies ist hier nicht der Fall, denn der Kl. hat weder eine Zahlung von der Versicherung erhalten noch hat diese ihre Eintrittspflicht anerkannt. Ein etwaiger, noch im Prüfungsstadium befindlicher und wegen der verweigerten Genehmigung derzeit nicht abtretbarer Anspruch des Kl. auf Zahlung einer Versicherungsleistung stellt keine herausgabefähige Bereicherung im Sinn des § 346 Abs. 3 S. 2 BGB dar. Auf etwaige Ansprüche, die der Bekl. gegen den Kl. erst in Zukunft dadurch erwachsen könnten, dass die Versicherung des Kl. den Anspruch auf die Versicherungsleistung feststellt ...