BBUZ § 1 § 2 § 7
Leitsatz
1. Zu den formellen Voraussetzungen einer Einstellungsmitteilung.
2. Zu den Anforderungen an ein lauteres Verhalten des VN im Nachprüfungsverfahren gehört, greift er die dem Anerkenntnis zugrunde liegende, auf seinen Darstellungen beruhende Annahme von Berufsunfähigkeit als möglicherweise falsch an, die Richtigkeit der ursprünglichen medizinischen Gutachten mit konkreten Argumenten in Zweifel zu ziehen und die Auswirkung angeblicher Fehler darzutun.
3. Die bloße Möglichkeit erneuter Verschlechterungen des gesundheitlichen Zustands nimmt einem VR nicht das Recht, seine Leistungen einzustellen.
4. Infolge Krankheit ist ein beamteter VN auch dann weiter berufsunfähig, wenn er wegen seines Leidens vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden ist und keinen Anspruch auf Reaktivierung besitzt.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.2.2015 – 5 U 31/14
Sachverhalt
Der Kl. verlangt von der Bekl. die Fortzahlung einer Berufsunfähigkeitsrente über den 1.1.2012 hinaus. Seinem seit 1997 bestehenden Versicherungsvertrag lagen die BBUZ zu Grunde, die der Bekl. gestatteten, nach Anerkennung oder Feststellung ihrer Leistungspflicht das Fortbestehen und den Grad der Berufsunfähigkeit nachzuprüfen. Der Bekl. war beamteter Betriebsprüfer. Im Jahr 2003 entwickelte er eine depressive Störung und wurde wegen Dienstunfähigkeit im Mai 2006 vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Nach Beantragung von Leistungen durch die Bekl. gelangte der Sachverständige V zur Annahme einer schweren depressiven Episode mit einer 100-% Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Auf dieser Grundlage erkannte die Bekl. unter dem 12.7.2006 ihre Leistungspflicht an. Im Jahr 2008 kam der Sachverständige V zu einer Verbesserung des gesundheitlichen Zustands und schätzte den Grad der Berufsunfähigkeit auf "mindestens 50 %" ein. Im Jahr 2011 veranlasste die Bekl. eine erneute sachverständige Untersuchung. Der Sachverständige F kam zu dem Ergebnis, in der beruflichen Kerntätigkeit sei der Kl. zu weniger als 50 % eingeschränkt, der gesundheitliche Zustand habe sich verbessert, kognitive Störungen seien nicht mehr "voll nachweisbar". Ferner stellte er auffällige Ergebnisse im Verlauf der Beschwerdenvalidierung fest. Daraufhin stellte die Bekl. unter dem 8.9.2011 ihre Leistungen zum 1.1.2012 unter ausführlicher Bezugnahme auf die Grundlagen ihrer Anerkenntnisentscheidung und die Ergebnisse der Nachprüfung ein. Im Rechtsstreit gelangten Sachverständige zu einer allenfalls 20-% Berufsunfähigkeit. Der Kl. meint, ohne explizit zu behaupten, er sei im Jahr 2006 in Wirklichkeit gar nicht berufsunfähig gewesen, nunmehr müsse festgestellt werden, dass das dem Anerkenntnis zugrunde liegende Gutachten medizinisch zutreffend gewesen sei.
2 Aus den Gründen:
" … 1. Das LG hat dem Kl. Ansprüche auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab dem 1.1.2012 zu Recht abgesprochen. Es durfte aufgrund der Beweisaufnahme davon ausgehen, dass sich der Grad der im Jahr 2006 anerkannten Berufsunfähigkeit zwischen jenem Zeitpunkt und dem dem 1.1.2012 vorangegangenen Versicherungsvierteljahr auf unter 50 % vermindert und die Bekl. solches dem Kl. ordnungsgemäß mitgeteilt hatte (§ 7 Abs. 4 BBUZ). Damit ist der Anspruch des Kl. auf Beitragsbefreiung und Rente erloschen (§ 1 Abs. 4 BBUZ). …"
b. Die Einstellung der Rentenleistungen scheitert nicht daran, dass die Mitteilung der Bekl. im Schreiben v. 8.9.2011 nicht formgerecht gewesen wäre.
(1) Eine im Nachprüfungsverfahren zu Tage getretene Verbesserung des Gesundheitszustands des Versicherten berechtigt den VR nur dann zur Einstellung seiner Leistungen, wenn er die Veränderung ordnungsgemäß darlegt. Das ist für das neue Versicherungsvertragsrecht in § 174 VVG geregelt. Schon vorher entsprach es aber st. Rspr., dass die Mitteilung (hier gem. § 7 Abs. 4 BBUZ) eine für den VN nachvollziehbare Begründung enthalten muss, um die Leistungspflicht entfallen zu lassen (BGH r+s 1998, 37). Denn nur dann ist sie geeignet, den ihr zugedachten Zweck zu erfüllen: dem VN die für die Einschätzung seines Prozessrisikos erforderlichen Informationen geben (BGH VersR 1993, 559).
Geht es um eine Gesundheitsbesserung, muss eine nachvollziehbare Begründung im vorgenannten Sinne den Gesundheitszustand, den der VR seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt vergleichen und die aus dem Vergleich abgeleiteten Folgerungen aufzeigen. Ist in einem ärztlichen Gutachten, aus dem der VR seine Leistungsfreiheit herleiten will, nur zu dem gegenwärtigen Gesundheitszustand des Versicherten Stellung genommen, so ist die Mitteilung nur dann hinreichend nachvollziehbar, wenn der VR darlegt, dass die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Gutachtens mit den Feststellungen und Bewertungen, die er seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, eine nach den Versicherungsbedingungen erhebliche Besserung ergeben hat (vgl. BGH VersR 1999, 958). Es ist deshalb auch zu begründen, dass gerade der verbesserte Gesundheitszustand die Berufsunfähigkeit ganz oder tei...