ARB 2008 § 4 § 4a
Leitsatz
1. Hat ein VN vor Abschluss eines Rechtsschutzversicherungsvertrags einen Antrag auf Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung gestellt, ist der Rechtsschutzfall vorvertraglich eingetreten, auch wenn sich der Unfallversicherer erst später geweigert hat, Leistungen zu erbringen.
2. Hat ein Rechtsschutzversicherer Leistungen für vorvertraglich eingetretene Rechtsschutzfälle bei lückenlosem Versicherungsschutz versprochen, schadet auch eine Unterbrechung von acht Tagen.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Arnsberg, Urt. v. 24.4.2015 – 2 O 580/13
Sachverhalt
Der Kl. begehrt die Feststellung, dass die Bekl. zur Gewährung von Rechtsschutz für eine Auseinandersetzung mit einer privaten Unfallversicherung verpflichtet ist.
Im März 2002 schloss die Ehefrau des Kl. bei der D eine Unfallversicherung über die Zahlung einer monatlichen Unfallrente i.H.v. 1.650 EUR bei Eintritt des Versicherungsfalls ab. Im Mai 2006 schloss die Ehefrau des Kl. bei der D zudem eine dynamische Unfalltagegeldversicherung ab.
Am 23.8.2006 erlitt die Ehefrau des Kl. einen Unfall, in dessen Folge durch ein orthopädisches Fachgutachten v. 12.12.2007 eine unfallbedingte, mindestens 2-jährige 50 %-ige Invalidität der Ehefrau des Kl. festgestellt wurde.
Die D erbrachte hinsichtlich dieses Unfalls nur Leistungen aus der Tagegeldversicherung.
Am 18.5.2008 erlitt die Ehefrau des Kl. einen weiteren Unfall. Auch insoweit erbrachte die D Leistungen nur aus der Tagegeldversicherung.
Bis zum 29.8.2009 bestand zugunsten des Kl. und seiner mitversicherten Ehefrau eine Rechtsschutzversicherung bei der Rechtsschutzversicherung D.
Mit Wirkung v. 7.9.2009 schloss der Kl. bei der Bekl. für den Zeitraum bis zum 7.9.2011 eine Privat- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung für Senioren ab, wobei seine Ehefrau bedingungsgemäß mitversichert war. Dem Versicherungsvertrag zwischen den Parteien lagen die ARB 2008 der Bekl. zugrunde.
§ 4 der ARB 2008 der Bekl. lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 4 Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz"
(1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles
d) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der VN oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.
(3) Es besteht kein Rechtsschutz, wenn
a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Abs. 1d) ausgelöst hat; … “
In § 4a der ARB 2008 der Bekl. ist geregelt, dass abweichend von § 4 Abs. 3 Versicherungsschutz bei einem Versichererwechsel dann besteht, wenn bezüglich des betroffenen Risikos lückenloser Versicherungsschutz besteht.
Unstreitig meldete die Ehefrau des Kl. Ansprüche auf Rentenzahlung aus der 2002 abgeschlossenen Unfallversicherung bereits vor dem 7.9.2009 bei der D an.
Am 8.7.2013 stellte der Kl. bei der Bekl. eine Deckungsschutzanfrage betreffend die Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung einer Unfallrente gegen die D. Nach entsprechender Korrespondenz mit dem Prozessbevollmächtigten des Kl. lehnte die Bekl. den angefragten Deckungsschutz mit Schreiben v. 30.8.2013 wegen Vorvertraglichkeit des Versicherungsfalls ab.
Der Kl. behauptet, es habe bis Ende des Jahres 2009 eine Korrespondenz mit der D über den Anspruch auf Zahlung einer Unfallrente stattgefunden, ab dem Jahr 2010 sei es insoweit zu einem Stillstand gekommen. Der Kl. ist der Ansicht, dass der Anspruch seiner Ehefrau auf Zahlung der Unfallrente daher im Jahr 2010 fällig geworden sei. Die Nichtzahlung trotz Fälligkeit stelle einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S.v. § 4 Abs. 1d) der ARB der Bekl. dar, dieser Verstoß läge in der Laufzeit der bei der Bekl. bestehenden Rechtsschutzversicherung.
2 Aus den Gründen:
" … Die zulässige Klage ist unbegründet, dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Gewährung des begehrten Rechtsschutzes zu."
Zwar behauptet der Kl. den Eintritt eines Rechtsschutzfalles i.S.d. § 4 Abs. 1d) der B ARB/2008 während der Laufzeit des Versicherungsvertrags indem er vorträgt, die D habe erst im Jahr 2010 den Zeitraum der notwendigen Erhebungen für die Prüfung ihrer Leistungspflicht verletzt, so dass der maßgebliche Rechtsverstoß der D in 2010 begangen worden sei.
Insoweit kann dahinstehen, ob der diesbezügliche Vortrag des Kl. ohne genauen Vortrag zu Inhalt und Zeitpunkt der Korrespondenz mit der D ausreichend schlüssig ist und ob vom Vorliegen eines vertraglichen oder eines vorvertraglichen Rechtsverstoßes auszugehen ist, denn es greift bereits der Haftungsausschluss nach § 4 Abs. 3a) der B ARB/2008.
Danach besteht dann kein Rechtsschutz, wenn eine Willenserklärung oder eine Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Rechtsverstoß nach Abs. 1d) ausgelöst hat, wobei die Willenserklärung oder Rechtshandlung den Verstoß nur dann auslöst, wenn sie bereits den “Keim eines Rechtsstreits‘ in sich trägt (Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., ARB 2008 § 4 Rn 127 m.w.N.). Eine Rechtshandlung in diesem Sinne ist da...