Vom 5. bis 7. Oktober werden in Warschau zum 17. Mal die Europäischen Verkehrsrechtstage stattfinden. Nachdem die Veranstaltung bereits im letzten Jahr von Luxemburg nach Budapest gewechselt ist, wird sie auch in diesem Jahr in Osteuropa bleiben und zieht nunmehr weiter nach Polen.
Das Programm deckt auch dieses Jahr wieder die Themen ab, mit denen sich die europäische Verkehrspolitik aktuell beschäftigt. Die intensive internationale Mobilität in Europa hat zur Folge, dass alle mit Verkehrsrecht befassten Kollegen immer mehr mit sämtlichen Aspekten des europäischen Verkehrs- und Schadensersatzrechts konfrontiert werden.
Eines der Hauptthemen der Konferenz wird daher die Mobilität in Europa in der Zukunft sein. So wird diskutiert werden, wie sich die Länder auf zukünftige Entwicklungen im Bereich des autonomen Fahrens vorbereiten, welche unterschiedlichen Systeme es geben wird, wie das automatisierte Fahren rechtlich einzuordnen ist und welche Lösungsansätze es bereits gibt. Angesichts des aktuellen Unfalls des Tesla-Fahrzeugs in den USA sind die Fragen der Unfallregulierung mit autonomen Fahrzeugen besonders brisant. Dieses Thema ist auch in Deutschland nicht mehr völlig unbekannt. Durch die ständige Weiterentwicklung der autonomen Fahrzeuge, mit denen auch in Deutschland, vorrangig in Bayern und Baden-Württemberg, bereits regelmäßig Testfahrten auf Autobahnen durchgeführt werden, gibt es Anlass, die rechtlichen Grundlagen zu regeln und die sich ergebenden Fragen zum Haftungsrecht zu klären, wenn es zu einem Unfall zwischen einem vollautomatisierten Fahrzeug und einem nicht-autonomen Fahrzeug kommt.
Die Entwicklung des Europarechts spielt eine entscheidende, immer wichtiger werdende Rolle. Gerade in diesem Jahr gab es vom EuGH wieder mehrere Urteile, die Einfluss auf die Regulierung internationaler Verkehrsunfälle haben, so u.a. zur Haftungsverteilung bei einem Unfall eines Lkw-Gespanns mit Anhänger, die in den einzelnen Ländern unterschiedlich beurteilt wird. Zu den wichtigsten Entscheidungen des EuGH, aber auch aus einzelnen Ländern in Europa der letzten Zeit mit grenzüberschreitender Wirkung wird es einen Überblick geben.
Auch der "Brexit" wird ein Diskussionsthema auf den europäischen Verkehrsrechtstagen werden. Nicht nur politisch stellen sich Fragen zur weiteren Zusammenarbeit, sondern auch die rechtlichen Auswirkungen im internationalen Verkehrsrecht, insbesondere bei der Schadensregulierung, werden spannend.
Ein weiterer Schwerpunkt der Veranstaltung und von großer praktischer Relevanz bei der Schadensregulierung wird das Thema Betrugsbekämpfung bei internationalen Schadensfällen sein. Ein "gestellter" Unfall im Ausland ist aufgrund der eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeiten durch die Versicherer nicht einfach aufzudecken und zu verfolgen. Der länderübergreifende Zusammenhang macht daher den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit unter den einzelnen Staaten erforderlich und wesentlich. Hierbei sollen Voraussetzungen und Grundlagen zur Bekämpfung diskutiert werden, da nur eine allgemeine internationale Herangehensweise zu sicheren Lösungen bei Betrugsfällen führen kann.
Schließlich werden sich die diesjährigen Verkehrsrechtstage auch mit der Mediation beschäftigen, einem Thema, das bei der Regulierung komplexer Schäden immer größere Bedeutung erlangt. Die Mediation ist in vielen Rechtsgebieten bereits fester Bestandteil der Instrumente zur Konfliktlösung, im Verkehrsrecht wird dieser Bereich bislang eher zurückhaltend gehandhabt. Aber auch hier kann die Mediation in Betracht kommen. Insbesondere bei großen Personenschäden tritt oftmals aufgrund jahrelanger Verhandlungen zwischen den Parteien eine solche Verhärtung der Fronten ein, dass eine Gesprächsbasis nicht mehr besteht. Um dennoch eine einvernehmliche Lösung zu finden, die beide Parteien akzeptieren können, kann die Einschaltung eines "Vermittlers" hilfreich sein, der beide Parteien wieder an einen Tisch bringt. Die unterschiedliche Handhabung und auch die Erfahrungen mit der Durchführung einer Mediation werden auf den Verkehrsrechtstagen anhand eines Projektes diskutiert.
Autor: Verena Bouwmann
RAin Verena Bouwmann, FAin für Verkehrsrecht, München
zfs 10/2016, S. 541