" … Die Berufung des Bekl. ist statthaft und zulässig. Sie hat in der Sache Erfolg. Dabei kann dahin stehen, ob der Bekl. zu 1) dem Kl. über den Fuß rollte und welche Verletzungen hierdurch im Einzelnen verursacht wurden. Ein Anspruch scheidet jedenfalls aufgrund einer überwiegenden eigenen Verantwortung des Kl. aus."
1. Die Kammer geht davon aus (auch wenn dies letztlich offen bleiben kann), dass der Bekl. zu 1) dem Kl. über den Fuß fuhr, als er vorwärts wegfuhr. (wird ausgeführt)
2. Einen Anspruch des Kl. aus § 823 Abs. 1, §§ 7, 11 S. 2 StVG, § 115 VVG scheidet jedenfalls aufgrund einer überwiegenden eigenen Verantwortlichkeit des Kl. für die Schadensentstehung aus. Im Hinblick auf den Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens ergibt sich dies (unmittelbar) aus § 9 StVG, § 254 BGB; im Hinblick auf den Schmerzensgeldanspruch aus dem Gewicht des Mitverschuldens im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung (Hierzu Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 253 Rn 20). Offen bleiben danach kann, ob das Verhalten des Bekl. zu 1) sogar durch Notwehr gerechtfertigt war (fraglich allerdings im Hinblick auf den hierfür erforderlichen Verteidigungswillen).
a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kl. sehr aufgebracht war, gegenüber dem Bekl. zu 1) verbal einschüchternd auftrat und Tätlichkeiten gegenüber dem Pkw des Bekl. zu 1) verübte.
Nach den informatorischen Angaben des Bekl. zu 1) brüllte der Kl. ihn an, zunächst aus dem Auto heraus, später neben der Fahrertür stehend. Der Bekl. zu 1) habe den Kl. aufgefordert zu gehen, er werde sonst die Polizei rufen. Der Kl. habe hierauf mit der Äußerung “dann ruf doch die Polizei‘ reagiert, auf das Auto eingeschlagen und versucht, die Tür zu öffnen. Als der Kl. sich etwas nach hinten begeben habe, habe der Bekl. zu 1) die Gelegenheit genutzt, loszufahren.
Die Zeugin K hat diesen Vortrag bestätigt. Der Kl. habe sein Gesicht regelrecht gegen die Scheibe gedrückt und dann mit den Händen oder Fäusten auf das Fahrzeugdach eingeschlagen. Anschließend sei er hinter das Fahrzeug gegangen und habe von dort auf das Fahrzeug eingeschlagen. …
Aufgrund dieser Angaben sowie der sonstigen Umstände zweifelt die Kammer nicht daran, dass der Kl. nicht nur sehr laut und erregt mit dem Bekl. zu 1) sprach, sondern auch versuchte, die Tür zu öffnen, und auf das Auto des Bekl. einschlug. Bei lebensnaher Betrachtung liegt wenig nahe, dass der Kl. sein Anliegen in besonnener Weise, ruhiger Stimmung und allein vernunftgeleitet gegenüber dem Bekl. zu 1) vorbrachte. Schon die Entscheidung, einen Verkehrsvorfall wie hier – wie immer er sich im Einzelnen abgespielt hat – nicht nach kurzer Aufregung auf sich beruhen zu lassen, sondern dem anderen Fahrzeug über eine längere Strecke hinterherzufahren und dann neben ihm anzuhalten, um den Fahrer zur Rede zu stellen, spricht für ein hohes Maß an Erregung. Dies gilt erst recht für die Entscheidung, das Fahrzeug anschließend abzustellen und sich erneut zum klägerischen Fahrzeug zu begeben. …
b) Der Kl. brachte den Bekl. zu 1) hiernach nicht nur dazu, das Weite zu suchen, sondern hätte hiermit auch rechnen müssen. Es ist plausibel, dass der Vorgang auf den Bekl. zu 1) sehr bedrohlich wirkte, diesen in entsprechende Anspannung versetzte und der Bekl. zu 1) sich entschloss, dem aus dem Wege zu gehen, indem er davonfuhr. Es wäre unter diesen Umständen Sache des Kl. gewesen, so weit vom Fahrzeug zurückzutreten, dass ihm nichts passieren konnte. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung des Vortrags in der Klageschrift, nach welchem der Kl. den Bekl., nachdem dieser sich in Bewegung setzte, zunächst aufforderte zu warten, bis die Polizei da wäre, bevor der Bekl. zu 1) weiter und dem Kl. über den Fuß fuhr. Der Kl. hatte hiernach ausreichend Zeit, einen Schritt zurück zu treten, statt in unmittelbarer Nähe des Beklagtenfahrzeugs zu verharren und auf seinem Anliegen zu bestehen.
c) All dies gibt dem Sachverhalt im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung aller Umstände (hierzu Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 254 Rn 57 sowie § 253 Rn 15) das wesentliche Gepräge. Das Verschulden des Bekl. zu 1) ist demgegenüber gering. Eine vorsätzliche Körperverletzung hat der Kl. schon nicht behauptet, sie wäre durch das amtsgerichtliche Urteil überdies bindend verneint. Auch der verbleibende Fahrlässigkeitsvorwurf ist gering. Für den Bekl. mag erkennbar gewesen sein, lag aber keinesfalls nahe, dass er den – nicht vor dem Fahrzeug befindlichen – Kl. durch das Fortfahren verletzen würde. Dies gilt umso mehr angesichts der angespannten Stimmung, in welcher sich der Bekl. nach Sachlage aufgrund des klägerischen Verhaltens befand.
Nach alledem überwiegt die Verantwortung des Kl. für den Vorgang derart, dass diejenige des Bekl. – auch unter Einbeziehung der Betriebsgefahr seines Pkw – demgegenüber zurücktritt. Ein Anspruch auf Ersatz materieller und/oder immaterieller Schäden besteht danach nicht. … “