[11] "… II. … Die Revision der Kl. ist begründet. Das angefochtene Urt. beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die vorinstanzlichen Urteile sind deshalb zu ändern; die Bekl. ist zu verpflichten, die begehrte Fahrerlaubnis ohne vorherige Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu erteilen."
[12] 1. Für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Kl. ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen; Anwendung finden die rechtlichen Regelungen, die auch das BG zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgerichtlichen Urteils entschiede (st. Rspr., vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 13.2.2014 – 3 C 1.13, BVerwGE 149, 74 Rn 13 m.w.N.). Anzuwenden sind danach das StVG i.d.F. der Bekanntmachung v. 5.3.2003 (BGBI. I S. 310), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes v. 28.11.2016 (BGBI. I S. 2722), sowie die FeV v. 13.12.2010 (BGBI. I S. 1980), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung v. 21.12.2016 (BGBI. I S. 3083).
[13] Nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kfz geeignet sein. Die Eignung besitzt nach § 2 Abs. 4 S. 1 StVG sowie § 11 Abs. 1 S. 1 und 3 FeV, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Die Anforderungen sind insb. dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV vorliegt, wodurch die Eignung zum Führen von Kfz ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 S. 2 FeV). § 13 FeV konkretisiert die Fälle, in denen die Fahrerlaubnisbehörde im Zusammenhang mit einer Alkoholproblematik die Fahreignung durch ein ärztliches oder medizinisch-psychologisches Gutachten zu klären hat. Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV ist die Eignung bei Alkoholmissbrauch ausgeschlossen; er liegt vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Gem. Nr. 8.2 dieser Anlage kann von einer Eignung erst dann wieder ausgegangen werden, wenn der Missbrauch beendet und die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung gelten die Vorschriften für die Ersterteilung (§ 20 Abs. 1 S. 1 FeV).
[14] 2. Das BG ist der Auffassung, nach einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, sei im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der BAK die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen (im Anschluss an die Rspr. des VGH Mannheim, Urt. v. 18.6.2012 – 10 S 452/10, VBIBW 2013, 19 und v. 7.7.2015 – 10 S 116/15, zfs 2015, 539 sowie Beschl. v. 15.1.2014 – 10 S 1748/13, [zfs 2014, 235 und 479 =] VBIBW 2014, 348; diesem folgend auch OVG Greifswald, Beschl. v. 22.5.2013 – 1 M 123/12, [zfs 2013, 595 =] VRS 127, 269 = juris Rn 14 ff.; zustimmend Rebler, in: Müller/Rebler, Die Klärung von Eignungszweifeln im Fahrerlaubnisrecht, 2. Aufl. 2017, S. 159; offen lassend OVG Münster, Beschl. v. 21.1.2015 – 16 B 1374/14, DAR 2015, 606 = juris Rn 10 sowie OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.7.2015 – OVG 1 S 123.14, VerkMitt 2015 Nr. 55 = juris Rn 4; ablehnend VG Würzburg, Beschl. v. 21.7.2014 – W 6 E 14.606, DAR 2014, 541; VG Regensburg, Beschl. v. 12.11.2014 – RO 8 K 14.1624, DAR 2015, 40; VG München, Urt. v. 9.12.2014 – M 1 K 14.2841, [zfs 2015, 238 =] DAR 2015, 154; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 13 FeV Rn 26b; Koehl, DAR 2016, 47; Mahlberg, DAR 2014, 419 und 603; Zwerger, DAR 2015, 157; kritisch auch Dronkovic/Kalus, DAR 2016, 191). Diese Auffassung ist mit § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. Buchst. a bis c FeV nicht vereinbar. Lag die BAK unter 1,6 ‰, so bedarf es bei einer einmalig gebliebenen Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss zusätzlicher Tatsachen, die die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht genügt für sich gesehen nicht.
[15] a) Nach § 13 S. 1 Nr. 2 FeV ist zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (Buchst. a). Gleiches gilt, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden (Buchst. b), ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer BAK von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde (Buchst. c), die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c ...