StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 11 Abs. 8 § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. b § 46; Anlage 4 zur FeV Nr. 8.1; Anlage 4a zur FeV Nr. 2 Buchst. a S. 1, S. 3
Leitsatz
1. Ein Gutachten ist nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar, wenn seine Feststellungen nicht in Einklang miteinander stehen. Das ist dann der Fall, wenn es zum einen ausgeführt, die Kooperation sei ausreichend und situationsangemessen und die Kommunikation sei widerspruchsfrei gewesen, zum anderen aber bemängelt, dass das Gesprächsverhalten nicht hinreichend offen gewesen sei, um die notwendigen Hintergrundinformationen zu erhalten und dass die Angaben den Befunden widersprechen würden.
2. Im Rahmen eines Entziehungsverfahrens ist es Sache der Fahrerlaubnisbehörde, die Tatsachen zu ermitteln, die Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen. Der Betroffene ist grds. nur verpflichtet, an der Aufklärung von aus bekannten Tatsachen resultierenden Eignungszweifeln mitzuwirken. Steht, aus welchen Gründen auch immer, nicht fest, ob der Betreffende geeignet oder ungeeignet ist, so kann die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden.
3. Zwar trifft es zu, dass nach § 11 Abs. 8 S. 1 FeV auf die Ungeeignetheit des Betreffenden geschlossen werden kann, wenn das Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt wird. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Ausschlussfrist.
4. Ein hinreichender Grund für die Nichtbeibringung eines geforderten Gutachtens liegt vor, wenn der Antragsteller berechtigt war, zuerst von der Begutachtungsstelle Nachbesserung eines unzulänglichen Gutachtens zu verlangen.
(Leitsätze der Schriftleitung)
BayVGH, Beschl. v. 7.8.2018 – 11 CS 18.1270
1 Aus den Gründen:
"[1] I. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 (alt)."
[2] Der Antragsteller beging am 15.10.2014 und am 28.2.2017 jeweils eine Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG, indem er einmal mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,62 Promille und einmal mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/l ein Kfz im öffentlichen Straßenverkehr führte.
[3] Mit Schreiben vom 2.3.2017 forderte ihn das Landratsamt G. (im Folgenden: Landratsamt) auf, bis 16.5.2017 ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Am 12.6.2017 teilte der Antragsteller mit, das eingeholte Gutachten sei mangelhaft. Am 11.7.2017 ließ er durch seinen Prozessbevollmächtigten beantragen, ein zweites Gutachten einholen zu dürfen. Das Landratsamt war damit einverstanden und verlängerte die Vorlagefrist zuletzt bis 11.12.2017.
[4] Da der Antragsteller kein Gutachten vorlegte, hörte ihn das Landratsamt am 8.3.2018 zur Entziehung der Fahrerlaubnis an. Daraufhin legte der Antragsteller am 21.3.2018 das Gutachten der A.- GmbH vom 11.12.2017 und ein Attest seines Hausarztes vom 23.10.2017 vor und erklärte, er sei mit dem Gutachten nicht einverstanden. Die Gutachtensstelle sei aber auf die genannten Mängel nicht eingegangen. Er sei bereit gewesen, eine Haaranalyse durchzuführen. Die Begutachtungsstelle habe aber, entgegen der zuerst erteilten Auskunft, die vom Verkehrsmediziner Dr. S. entnommene Haarprobe nicht analysiert, da es sich bei Dr. S. um den behandelnden Arzt handele. Die Probe sei weiter vorhanden und könne analysiert werden.
[5] Mit Bescheid vom 10.4.2018 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen, forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, den Führerschein innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids abzugeben und ordnete die sofortige Vollziehung an. Das Gutachten der A.- GmbH sei nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsteller voraussichtlich das Führen von Kfz und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen könne.
[6] Über den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 10.4.2018 hat die Regierung von Schwaben nach Aktenlage noch nicht entschieden. Dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das VG Augsburg stattgegeben. Das Gutachten der A.-GmbH sei bezüglich der psychologischen Komponenten nicht nachvollziehbar. Gegenstand der Untersuchung sei das Trennvermögen. Das Gutachten führe demgegenüber aus, die medizinisch-psychologische Untersuchung falle wegen auffälliger Leberwerte negativ aus. Dies deute darauf hin, dass das Gutachten nur auf die medizinische Komponente abstelle und sich nicht an der gestellten Frage hinsichtlich des Trennungsvermögens orientiere. Das Gutachten sei auch widersprüchlich, weil einerseits ausgeführt werde, die Kooperation des Antragstellers sei ausreichend und die Kommunikation frei von inneren Widersprüchen gewesen, andererseits werde behauptet, er sei im Gesprächsverhalten nicht hinreichend offen gewesen.
[7] Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, der der Antragsteller entgegentritt. Der Antragsgegner macht geltend, die Fahrerlaubnis könne dem Antragsteller schon deshalb entzogen werden, da er das Gutachten nicht ...