VVG § 150 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
Bei einer Lebensversicherung auf den Tod eines anderen erfordert die Übertragung der Versicherungsnehmerstellung oder der Bezugsberechtigung im Erlebensfall – anders als eine Änderung des im Todesfall Begünstigten – keine Einwilligung der versicherten Person in entsprechender Anwendung von § 150 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 VVG.
BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16
Sachverhalt
Die Kl. machen gegen die Bekl. Ansprüche auf Erfüllung und Schadensersatz aus zwei Kapitallebensversicherungen geltend.
Der Großvater der Kl. schloss bei der Bekl. zu 2 in den Jahren 1993 und 1998 zwei Kapitallebensversicherungen mit einer Laufzeit von 20 Jahren und einer Versicherungssumme von 100.000 DM ab. Versicherte Person war die Mutter der Kläger, die die Ehefrau eines seiner Söhne ist. Bezugsberechtigt aus der Versicherung mit der Endziffer 46 war die Kl. zu 1, auf deren 20. Geburtstag am 1.8.2013 das Ablaufdatum der Versicherung fiel. Bezugsberechtigt aus der Versicherung mit der Endziffer 71 war der Kl. zu 2; die Versicherung sollte am 1.12.2018, wenige Tage nach seinem 20. Geburtstag, ablaufen.
Der Großvater der Kl. verstarb am 17.1.2010 und wurde von seiner Ehefrau, der Bekl. zu 1, beerbt. Sie zahlte die Versicherungsprämien zunächst weiter und ließ die Verträge Anfang 2011 beitragsfrei stellen. Am 29.12.2011 reichte sie bei der Bekl. zu 2 zwei mit "Wechsel des VN" überschriebene Formulare für die beiden Versicherungsverträge ein. Darin war der Onkel der Kl. als neuer VN angegeben. Dieser sollte auch im Erlebensfall bezugsberechtigt für beide Versicherungen werden; bezugsberechtigt im Todesfall sollten dessen Kinder für jeweils eine der Versicherungen werden. Die Bekl. zu 2 übersandte dem Onkel der Kl. unter dem 10.1.2012 ausgestellte Nachträge zu den Versicherungsscheinen mit dem entsprechenden Inhalt.
Der Onkel der Kl. kündigte die Lebensversicherungsverträge am 28.6.2012. Die Bekl. zu 2 zahlte ihm für die Lebensversicherung mit der Endziffer 71 als Rückkaufswert 50.006,89 EUR und für die zwischenzeitlich abgelaufene Lebensversicherung mit der Endziffer 46 als Ablaufleistung 100.436,67 EUR aus.
Die Kl. verlangen von den Bekl. Zahlung in Höhe der nach ihrer Berechnung geschuldeten Ablaufleistung als Versicherungsleistung oder Schadensersatz; der Kl. zu 2, der eine Zahlung erst zum künftigen Ablaufdatum der Versicherung mit der Endziffer 71 geltend macht, fordert bis dahin Hinterlegung des Urteilsbetrages auf einem Treuhandkonto für den Fall, dass seine Klage nur gegen die Bekl. zu 1 begründet sein sollte. Außerdem begehrt der Kl. zu 2 die Feststellung, dass die Mutter der Kl. VN der Lebensversicherung mit der Endziffer 71 sei und der Vertrag ungekündigt fortbestehe.
2 Aus den Gründen:
"… 1. Zu Unrecht hat das BG die Feststellungsklage des Kl. zu 2 in vollem Umfang als zulässig behandelt. (…) Die Feststellungsklage des Kl. zu 2 ist nur teilweise zulässig."
a) Zu Recht hat das BG die Feststellungsklage des Kl. zu 2 als zulässig angesehen, soweit sie darauf gerichtet ist, den ungekündigten Fortbestand der Versicherung mit der Endziffer 71 festzustellen. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Kl. eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (st. Rspr.; BGH NJW 2010, 1877 Rn 12 m.w.N.). Ein Rechtsverhältnis liegt auch dann vor, wenn eine Verbindlichkeit noch nicht entstanden, aber für den späteren Eintritt derselben der Grund in der Art gelegt ist, dass die Entstehung einer Verbindlichkeit nur von dem Eintritt weiterer Umstände oder dem Zeitablauf abhängt (Senat VersR 2017, 741 Rn 11 m.w.N.).
Auf ein solches Rechtsverhältnis richtet sich die Feststellungsklage. Der Fortbestand des Versicherungsvertrages ist eine notwendige Bedingung für das vom Kl. zu 2 geltend gemachte Bezugsrecht, das von den Bekl. in Frage gestellt wird. Dass eine Person in einem Versicherungsvertrag als bezugsberechtigt ausgewiesen ist, gibt ihr, wenn die Bezugsberechtigung nicht unwiderruflich ist, zwar lediglich eine Aussicht auf Erhalt der Versicherungssumme und nicht schon einen Anspruch auf die Versicherungssumme (vgl. Senat VersR 1992, 990 unter 4); dann besteht auch kein Vorrang der – hier dennoch erhobenen – Leistungsklage auf künftige Zahlung der Versicherungsleistung. Das nach den von der Revision zu Recht nicht angegriffenen Feststellungen des BG nur widerruflich eingeräumte Bezugsrecht begründet aber ein derzeitiges rechtliches Interesse an der Feststellung der Voraussetzungen dieser Erwerbsaussicht, denn mit Eintritt des Versicherungsfalls entfällt das bis dahin widerrufliche Bezugsrecht und die in ihm verkörperte bloße tatsächliche Hoffnung verwirklicht sich, indem der Bezugsberechtigte den neu entstandenen Anspruch gegen den VR auf die Versicherungssumme erwirbt (vgl. BGH VersR 2010, 1021 Rn 3).
b) Anders verhält es sich mit der Klage auf Feststellung, dass die Mutter...