Der BGH fasst in der vorliegenden Entscheidung die von ihm entwickelten Grundsätze der Ermittlung des Restwertes unfallbeschädigter Kfz zusammen und setzt sich ablehnend mit Kritikern seiner Auffassung auseinander (Rn 11).
1) Als Restwert bestimmt der BGH den Betrag, den der Geschädigte im Rahmen der Ersatzbeschaffung für sein unfallbeschädigtes Kfz bei einem seriösen Gebrauchtwagenhändler in seinem regionalen Bereich bei der Inzahlunggabe erzielen kann (vgl. BGH DAR 2000, 159; AG Homburg/Saar zfs 2014, 212 ff.). I.d.R. wird dieser Betrag von dem vorgerichtlich beauftragten Gutachter ermittelt, der drei Angebote einzuholen hat und zu dem diffusen Begriff der Seriosität Stellung nehmen muss (vgl. BGH zfs 1992, 116; BGH NZV 2005, 140; BGH VersR 2010, 130).
2) Die Kritik an der Beschränkung des Bereichs der Ermittlung des Restwertes entzündete sich daran, dass die Inanspruchnahme des Internet zum einen für den Geschädigten zumutbar sei und vor allem höhere Werte verspreche (vgl. die eingehenden Ausführungen zur Ermittlungen im Internet: Richter in Himmelreich/Halm, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 6. Aufl., Kapitel 4 Rn 560-569). Der BGH lehnt grds. Restwertbörsen als verbindliche Quellen zur Ermittlung von Restwerten ab. Das gegenüber der etwaigen Schadensminderung beachtliche Interesse des Schadensregulierers an höheren erzielbaren Restwerten aufgrund von Internetkontakten wird verdrängt durch die unter Rn 12 dargestellte Möglichkeit des Geschädigten einem ihm persönlich vertrauten Händler das Unfallfahrzeug in Rechnung zu geben. Dem Geschädigten kann nicht angesonnen werden, dem Interesse des Regulierers an einem höheren Restwert den ihm zustehenden Vorteil der Inzahlunggabe an einen ihm bekannten Händler zu opfern. Er gäbe bei einer Information über Restwertchancen einen Teil seiner Befugnisse als Herr des Restitutionsgeschehens ab. Damit kommt es nicht auf den Verbreitungsgrad des Internet und darauf an, ob der Gutachter aufgrund seiner Fachkunde dem Geschädigten bessere Veräußerungschancen hinsichtlich des Unfallfahrzeuges vermitteln kann und sollte. Da das Interesse des Schadensregulierers an einem höheren Restwert aufgrund der Ermittlung an Restwertbörsen hinter dem vorrangigen Interesse des Geschädigten an einer verlässlichen von persönlichem Vertrauen getragenen Veräußerung an "seinen" Händler zurückbleibt, sind etwaige Folgeprobleme der Inanspruchnahme des Internet nicht zu erörtern.
3) Die weiteren Problemkreise der Entscheidung weichen nicht von den seitherigen Auffassungen des BGH ab. Das gilt sowohl für die Frage, ob der Geschädigte mit der Veräußerung des Unfallfahrzeuges warten muss, um dem Haftpflichtversicherer die Chance der Übermittlung eines höheren Restwertangebotes einzuräumen, wie für die Frage, ob ein Geschädigter, der beruflich über spezielle Kenntnisse einer günstigen Veräußerung von gebrauchten Fahrzeugen verfügt, diese nutzbar machen muss. Beide Fragen verneint der BGH unter Anführung seiner ständigen Rechtsprechung.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 10/2019, S. 562 - 565