Die Regelungen der Berechnung des für eine behördliche Maßnahme maßgeblichen Punktestandes (§ 4 Abs. 5 S. 5 bis S. 7 StVG) sind im Rahmen der Rechtsfolgenregelung einer Löschung von Eintragungen im Fahreignungsregister (§ 29 Abs. 7 S. 1 StVG) nicht anzuwenden. Nach § 4 Abs. 5 S. 7 StVG bleiben nur spätere Veränderungen des Punktestandes aufgrund von Tilgungen bei der Berechnung des Punktestandes zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit (vgl. § 4 Abs. 5 S. 5 und S. 6 StVG) unberücksichtigt. Es stellt keinen durch Gesetzesauslegung auszuräumenden Wertungswiderspruch, sondern eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Begrenzung des für die Berechnung des Punktestandes maßgeblichen Tattagsprinzips dar, wenn diese Bestimmung für ihren Regelungsbereich tatbestandlich an die Tilgung bzw. Tilgungsreife anknüpft und § 29 Abs. 7 S. 1 StVG an die erst nach Ablauf der Tilgung und der Überliegefrist erfolgende Löschung.

Der Senat teilt die Auffassung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass es sich bei § 4 Abs. 5 S. 7 StVG nicht um eine das Verwertungsverbot durchbrechenden Spezialvorschrift handelt und die Bestimmung auch nicht analog anzuwenden ist. Weder den Gesetzgebungsmaterialien noch dem Regelungszusammenhang oder den dem Gesetz zugrunde liegenden Wertungen lassen sich Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Durchbrechung des Verwertungsverbotes entnehmen. Vielmehr ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber das Abwarten einer einjährigen Überliegefrist als ausreichende "Optimierungsmöglichkeit" erachtet hat, um das Risiko rein taktisch motivierter Rechtsmittel zu begrenzen und die retrospektive Feststellung des maßgeblichen Punktestandes im Fahreignungsregister hinreichend zu sichern. Der Gesetzgeber war sich dessen bewusst, dass "bei der vorgesehenen Lösung" "dieses Risiko geringer" (BT-Drucks 17/12636, S. 20), also gerade nicht ausgeschlossen ist.

In der Gesetzesbegründung wird weiter ausgeführt: "Solche Erhöhungen des Punktestandes könnten nicht mehr berücksichtigt werden, wenn eine Eintragung unmittelbar mit Eintritt der Tilgungsreife gelöscht werden würde."

Aus dieser Formulierung ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass nach der Löschung einer Eintragung eine Berücksichtigung nicht mehr möglich ist, sondern ein absolutes Verwertungsverbot besteht, und dass das für die Berechnung des Punktestandes maßgebliche Tattagsprinzip in § 4 Abs. 5 S. 5 und S. 7 StVG hierdurch eine Begrenzung erfahren sollte.

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