BGB § 249
Leitsatz
1) Etwaige Ersparnisse des Geschädigten bei durchgeführter Eigenreparatur gegenüber den Kosten der Werkstatt sind bei fiktiver Abrechnung nicht zu berücksichtigen, da sie auf einer überobligatorischen Tätigkeit des Geschädigten beruhen.
2) Bei fiktiver Schadensabrechnung sind Beilackierungskosten ersatzfähig, wenn nach sachverständiger Beurteilung sie zur Verhinderung von Farbunterschieden erforderlich sind.
3) Ist Umsatzsteuer beim Kauf von Ersatzteilen im Rahmen einer Eigenreparatur des Geschädigten angefallen, ist die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer ersatzfähig.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Saarbrücken, Urt. v. 7.6.2019 – 13 S 50/19
Sachverhalt
Die Kl. macht restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Die Bekl., deren Einstandspflicht nicht im Streit steht, hat auf die vorgerichtlich vom Sachverständigen der Klägerseite ermittelten Nettoreparaturkosten von 6.887 EUR unter Verweis auf einen von ihr erstellten Prüfbericht lediglich 6.397,30 EUR ausgeglichen. Den Restbetrag von 489,70 EUR macht die Kl. unter Beweisangebot eines Sachverständigengutachtens ebenso geltend wie Mehrwertsteuer i.H.v. (230,95 + 41,19 =) 272,14 EUR, die im Rahmen einer Eigenreparatur bei der Anschaffung einer Ersatztür nebst Zierleisten angefallen sein soll.
Das AG hat die Klage als unschlüssig mit der Begründung abgewiesen, die Kl. habe nicht dargelegt, ob sie konkret oder fiktiv abrechne. Die Berufung der Kl. war erfolgreich.
2 Aus den Gründen:
"… Die Berufung ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat in der Sache uneingeschränkt Erfolg."
1. Der Auffassung des Erstgerichts, die Klage sei unschlüssig, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Vielmehr hat die Kl. ihren Anspruch wegen der offenstehenden (fiktiven) Beilackierungskosten hinreichend beziffert und unter Beweis gestellt. Die Ersatzfähigkeit solcher Kosten ist auch im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung nicht von vorneherein ausgeschlossen. Wie die Kammer erst kürzlich entschieden hat, kann auch bei fiktiver Abrechnung ein Anspruch auf Ersatz von Beilackierungskosten bestehen, soweit der Geschädigte deren Erforderlichkeit dargelegt und bewiesen hat (vgl. Kammer zfs 2018, 683 mit Verweis auf OLG Hamm zfs 2017, 565; LG Arnsberg NJW-RR 2017, 1178; zum Meinungsstand NJW-Spezial 2017, 394, 395). Dies dürfte auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen, wonach die Ersatzfähigkeit fiktiver UPE-Aufschläge – nichts anderes dürfte auch für fiktive Beilackierungskosten gelten – sich nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten bestimmt (vgl. BGH, Urt. v. 25.9.2018 – VI ZR 65/18 –, juris).
2. Die Geltendmachung fiktiver Wiederherstellungskosten ist hier auch – entgegen der Ansicht der Beklagtenseite – nicht dadurch eingeschränkt, dass die Kl. eine Reparatur des Fahrzeugs, wie sich aus den in der Sitzung vorgelegten Lichtbildern nunmehr zweifelsfrei ergibt, selbst vorgenommen hat. Zwar wird vereinzelt vertreten, der ersatzfähige Schaden am Kfz sei auch nach sach- und fachgerecht durchgeführter Eigenreparatur bei fiktiver Schadensabrechnung auf die tatsächlich entstandenen Bruttokosten beschränkt (OLG Schleswig DAR 2017, 145; vgl. auch die von der Bekl. vorgelegten Hinweisbeschlüsse des LG Hannover v. 24.11.2016 – 9 S 16/16 sowie des LG Berlin v. 1.8.2016 – 42 S 91/16). Solches ergibt sich aus der zur Begründung herangezogenen Entscheidung des BGH vom 3.12.2013 (VI ZR 24/13) indes nicht. Dort hatte der BGH für den Fall, dass der Geschädigte von der Möglichkeit einer vollständigen und fachgerechten, aber preiswerteren Reparatur in einer Fachwerkstatt Gebrauch gemacht hatte, entschieden, dass der zur Wiederherstellung erforderliche Betrag den tatsächlich angefallenen Bruttoreparaturkosten entspricht, weil er nicht anders zu behandeln sei, als wenn der Schädiger ihn im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung zulässigerweise auf diese Reparaturmöglichkeit verwiesen hätte. Mit einer Eigenreparatur ist dies indes nicht vergleichbar. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall kann der Geschädigte von dem Schädiger im Rahmen einer fiktiven Abrechnung grds. nur auf eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer freien (Karosserie-)Werkstatt, nicht aber auf die Durchführung einer Eigenreparatur verwiesen werden. Von den Fällen abgesehen, in denen der Geschädigte, etwa als Verkehrsbetrieb, üblicherweise selbst repariert (BGHZ 54, 82; 61, 56), stellt die Eigenreparatur eine überobligatorische Maßnahme des Geschädigten dar, deren Ersparnis dem Schädiger nach den Grundsätzen über den Vorteilsausgleich nicht zugutekommt (vgl. BGHZ 61, 56; Urt. v. 20.6.1989 – VI ZR 334/88 –, juris unter II 1). Die Beschränkung des Eigenreparierenden auf die ihm tatsächlich entstandenen Kosten kommt somit nach Auffassung der Kammer nicht in Betracht.
3. Dass die geltend gemachten Beilackierungskosten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ersatzfähig sind, hat die Beweisaufnahme ergeben. Der gerichtliche Sachverständige X hat hierzu in jeder Hinsicht überz...