Auch wenn das falsche Blinken nicht zum Verlust des Vorfahrtsrechtes führt, ist dem Vorfahrtberechtigten vorzuwerfen, dass er durch das falsche Blinken gegen das allgemeine Gefährdungsverbot des § 1 Abs. 2 StVO verstößt. Wer irreführend falsch blinkt, schafft eine Gefahrenlage, da er damit rechnen muss, dass der Wartepflichtige darauf vertraut, dass der Vorfahrtberechtigte blinkt, weil er tatsächlich abbiegen will. Das gilt nicht nur dann, wenn der rechte Blinker noch unmittelbar vor der Einmündung eingeschaltet war, sondern auch in den Fällen, in denen der Vorfahrtberechtigte das irreführende Abbiegesignal bereits in einiger Entfernung davor wieder abgeschaltet hatte, sofern dieses Signal von den an der Einmündung oder in deren Nähe befindlichen Wartepflichtigen als Zeichen für eine Abbiegeabsicht verstanden werden durfte.
Will der Vorfahrtberechtigte geradeaus weiterfahren und trotz Blinkens nicht rechts abbiegen, so ist er zur Vermeidung einer Gefährdung gehalten, unter genauer Beobachtung des wartepflichtigen Verkehrs besonders vorsichtig an die Einmündung heranzufahren und eine Verständigung mit dem Wartepflichtigen herbeizuführen. Das schließt das Gebot ein, notfalls zur Vermeidung einer Kollision anzuhalten. Sonst ist seine Betriebsgefahr erhöht, was zur Mithaftung führt.
Eine Mithaftung wird deshalb zumindest dann angenommen, wenn der Vorfahrtberechtigte durch weitere Verhaltensweisen dafür gesorgt hat, dass der Wartepflichtige darauf vertrauen konnte, dass der Vorfahrtberechtigte tatsächlich abbiegen werde, etwa indem er verlangsamt hat oder bereits mit dem Abbiegen begonnen hat.
So führt etwa das LG Traunstein aus: "Nach § 8 Abs. 2 S. 2 StVO durfte die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs nur dann einbiegen, wenn der Vorfahrtsberechtigte weder behindert noch gefährdet wird. Hierbei ist jedoch zu erwägen, dass der Wartepflichtige grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass wenn der Vorfahrtberechtigte ein entsprechendes Richtungszeichen gesetzt hat, dass der Vorfahrtberechtigte in die nächste Seitenstraße einbiegt (…). Dies gilt aber nur dann, wenn sich diese Absicht zusätzlich in der Fahrweise des Vorfahrtsberechtigten äußert, wie z.B. in einer Verringerung der Geschwindigkeit (…). Zudem darf man sich auch auf die Richtungsanzeige nicht verlassen, wenn besondere Umstände zu Zweifeln Anlass geben, wie zum Beispiel fehlendes Einordnen und unvermindert hohe Geschwindigkeit."
Das Vorliegen eines dieser weiteren Anzeichen genügt jedoch für eine Mithaftung; es ist nicht nötig, dass der Vorfahrtberechtigte blinkt, langsamer wird und schon nach rechts einbiegt.