Das Urteil ist nicht nur wegen seiner Darlegungen zu den Grundlagen der Schätzung von Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden von Bedeutung, sondern auch wegen seiner Begründung des anzuwendenden Stundensatzes. Hier allerdings vermittelt es den Eindruck einer einheitlichen Rechtspraxis, die tatsächlich so nicht besteht. Denn soweit nicht überhaupt bestritten wird, dass es bei dieser Schätzung auf den regional auf dem Arbeitsmarkt erzielbaren Lohn ankomme (vgl. Wessel in: Jahnke/Burmann, Handbuch des Personenschadensrechts, Kap. 4 Rn 794 u. 796), wird doch in Zweifel gezogen, dass der TÖVD (früher BAT) die richtige Schätzgrundlage bietet. Der BGH hat es in einer 1982 veröffentlichten Entscheidung (BGH Urt. v. 8.6.1982 – VI 314/80, juris Rn 15) als Verfahrensfehler angesehen, dass das Berufungsgericht bei Ermittlung des Betrags, der zur Beschaffung von den entgangenen Unterhaltsleistungen gleichwertigen Diensten erforderlich ist, von dem in seiner Gesamtanlage gegenüber dem Hessischen Lohntarifvertrag für Arbeitnehmer in privaten Haushalten erheblich höheren BAT ausging, ohne die örtlichen Gegebenheiten ermittelt zu haben. Dahinter dürfte die Einsicht stehen, dass ein spezieller Tarifvertrag der Realität näherkommt als ein großflächiger und allgemeinerer. In NRW gibt es einen zwischen dem Deutscher Hausfrauen Bund und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten ausgehandelten "Entgelttarif für hauswirtschaftliche Arbeitnehmer/innen und Auszubildende in Privathaushalten und Dienstleistungszentren", so dass sich die Frage stellt, warum auch hier nicht vorrangig auf diesen zu rekurrieren ist. Tatsächlich dürften sich dann geringere Werte ergeben (zum Ganzen Doukoff in Freymann/Wellner, juris-PK Straßenverkehrsrecht, § 843 BGB Rn 149 ff.). Ungeachtet dessen ist die angewandte Berechnungsmethode weiterführend und könnte zu einer weiteren Vereinheitlichung der Rechtsprechungspraxis beitragen. Der Umstand, dass eine angestellte Kraft auch für Wochenenddienste höher bezahlt und für entgangenen Urlaub entschädigt werden müsste, ist nicht von der Hand weisen und vermag – jedenfalls bei längerfristigen Ausfällen – einen Aufschlag von 20 % auf den Bruttolohn zu rechtfertigen. Auch dürfte der pauschale Abschlag von 30 % auf den so errechneten Bruttobetrag den durchschnittlichen Abzügen nahekommen und damit als Schätzgrundlage taugen. Wesentliche Bedeutung für die Bestimmung der Höhe des Stundensatzes behält im Übrigen die richtige Eingruppierung der konkret zu verrichtenden Haushaltstätigkeiten. Insoweit können im Einzelfall wesentlich höhere Stundensätze gerechtfertigt sein.
Dr. Hans-Joseph Scholten, VRiOLG a.D./RA
zfs 10/2021, S. 564 - 571