Der Entscheidung des VG Frankfurt (Oder) ist zuzustimmen. Zwar war hier die Zahlung des Erstattungsbetrages als solche unstreitig. Nicht offensichtlich und wohl auch nicht unstreitig war indes die Frage, ob durch diese Zahlung auch die Erfüllungswirkung eingetreten war. Dies hat das VG zu Recht verneint. Denn nur eine unstreitig vorbehaltlose Zahlung ist im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen (s. OLG Düsseldorf AGS 2004, 309 m. Anm. N. Schneider).
Die Entscheidung des VG Frankfurt (Oder) gibt Anlass, auf den in der Praxis nicht selten vorgebrachten Einwand der Erfüllung näher einzugehen. Dabei soll die unterschiedliche Behandlung eines solchen Einwandes im Kostenfestsetzungsverfahren nach den § 164 VwGO und §§ 103 ff. ZPO einerseits und im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG andererseits verdeutlicht werden.
Berücksichtigung des Zahlungseinwandes im Kostenfestsetzungsverfahren
Während im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG ein materiell-rechtlicher Einwand, der nicht völlig haltlos ist, zur Ablehnung der Festsetzung gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG führt, ist ein solcher Einwand im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist nämlich zur Klärung streitiger Fragen nicht vorgesehen und auch nicht geeignet (BGH RVGreport 2007, 110 (Hansens); BGH RVGreport 2006, 223 (Ders.) = AGS 2007, 219; OLG Celle RVGreport 2017, 159 (Ders.) = AGS 2018, 39: Nichtigkeit des Anwaltsvertrages; BVerwG RVGreport 2008, 58 (Ders.) = JurBüro 2008, 142: Gebührenverzicht aufgrund einer außergerichtlichen Vereinbarung).
Ausnahmsweise können materiell-rechtliche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren dann berücksichtigt werden, wenn es um Einwendungen geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne Weiteres klären lassen. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa dann vorliegen, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. So ist etwa der vom Erstattungspflichtigen erhobene Einwand, die Erstattungsforderung sei verjährt, vom Rechtspfleger zu prüfen und zu bescheiden (BGH RVGreport 2006, 223 (Hansens) = AGS 2007, 219).
Im Fall des LG Berlin AGS 2022, 30 (Hansens) = zfs 2022, 102 m. Anm. Hansens waren zwar die beiden Teilzahlungen der Beklagten, die in ihrer Summe dem im Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenbetrag entsprochen haben, unstreitig. Jedoch war zwischen den Beteiligten streitig, ob der Prozessbevollmächtigte der Kläger diese ohne Zahlungszweck geleisteten Zahlungen zurecht auf andere Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte (Mietrückzahlungsansprüche) verrechnet hat. Dieser Streit war nach Auffassung des LG Berlin, a.a.O., im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden. Die Beklagte hätte allerdings den Streit über die Erfüllungswirkung ganz einfach vermeiden können, wenn sie nur auf den Überweisungsträgern den Zahlungszweck angegeben hätte. In diesem Fall wäre der – unstreitige – Einwand der Erfüllung im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen gewesen und hätte zur Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrags geführt.
Ist die vorbehaltlose Zahlung des Erstattungsbetrages unstreitig und gibt es auch keinen Streit über die Erfüllungswirkung, ist zwischen folgenden Verfahrenssituationen zu unterscheiden:
Erfolgt die Zahlung nach Zugang des Kostenfestsetzungsantrags vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses, fehlt dem Kostenfestsetzungsantrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (s. OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Koblenz FamRZ 2020, 1940). Der Kostenfestsetzungsantrag ist dann zurückzuweisen.
Erfolgt die Zahlung erst nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses oder wird sie erst danach bekannt, so ist der Kostenfestsetzungsbeschluss auf den Rechtsbehelf des Erstattungspflichtigen aufzuheben (OLG Celle RVGreport 2019, 301 (Hansens)).
Berücksichtigung des Zahlungseinwandes im Vergütungsfestsetzungsverfahren
Erhebt der Antragsgegner im Vergütungsfestsetzungsverfahren außergebührenrechtliche Einwendungen, ist gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG die Festsetzung abzulehnen. Nach allgemeiner Auffassung bedürfen solche außergebührenrechtlichen Einwendungen keiner Substantiierung und erst recht keiner Schlüssigkeit (siehe LAG Hessen RVGreport 2016, 54 (Hansens); OLG Koblenz RVGreport 2016, 56 (Ders.); FG Münster RVGreport 2020, 52 (Ders.); BVerfG RVGreport 2016, 252 (Ders.)). Im Vergütungsfestsetzungsverfahren ist lediglich zu prüfen, ob das tatsächliche Vorbringen des Antragsgegners – seine Richtigkeit unterstellt – den verfahrensgegenständlichen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts in irgendeiner Weise beeinflussen kann. Hierzu ist es erforderlich, dass der Antragsgegner vorträgt, aus welchen konkreten Umständen er seine außergebührenrechtlichen Einwendungen herleitet. Deshalb hat er die tatsächlichen, auf die Besonderheiten des konkr...