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I. Die Streitwertbeschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung ist gemäß §§ 63 Abs. 1 S. 2, 67 Abs. 1 S. 1 GKG dann zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung zugleich beinhaltet, dass die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung weiterer, nach dem vorläufig festgesetzten Streitwert berechneter Kosten abhängig gemacht wird; anderenfalls ist die Partei durch die nur vorläufige Streitwertfestsetzung nicht beschwert (Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 2.6.2020 – 1 W 16/20 –, AGS 2021, 281; OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.4.2019 – 6 W 21/19, AGS 2019, 289; OLG Köln, Beschl. v. 28.6.2016 – 10 WF 38/16, AGS 2017, 47; OLG Rostock, Beschl. v. 11.10.2010 – 3 W 170/10, AGS 2011,305). Dies ist hier der Fall.

II. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Bei der Klage eines Mandanten gegen seinen ehemaligen Berater (Rechtsanwalt oder Steuerberater) auf Herausgabe der Mandatsunterlagen werden hinsichtlich der Streitwertfestsetzung unterschiedliche Ansätze vertreten. Einer Ansicht nach ist der Streitwert mit demjenigen Aufwand zu bemessen, den der Mandant für die Neuerstellung der Unterlagen/Ermittlung der benötigten Informationen aufwenden müsste (Hanseatisches OLG Hamburg, Beschl. v. 18.2.2005 – 12 W 3/04, OLGR Hamburg 2005, 524 = ZinsO 2005,50). Teilweise wird bei einem Steuerberater auf den möglichen steuerlichen Nachteil abgestellt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.12.2004 – I-23 U 36/04, NJW-RR 2005, 364). Einer anderen Ansicht nach wird in Fällen, in denen sich der Berater auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen offener Honorare beruft, auf den Wert des Zurückbehaltungsrechts abgestellt (OLG München, Urt. v. 15.2.2017 – 20 U 3317/16 –, Rn 13 – 14, juris).

Die Kammer ist der Auffassung, dass sich eine streng schematische Betrachtung verbietet. Vielmehr ist im Einzelfall zu schauen, worin der Schwerpunkt des Streites liegt, um daraus das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei ableiten zu können. Im vorliegenden Fall besteht nach dem Vortrag der Kläger kein Streit darüber, dass die Unterlagen überhaupt bei der Beklagten vorhanden sind. Die Beklagte verweigert die Herausgabe nach derzeitigem Stand ausschließlich unter Berufung auf ein offenes Honorar i.H.v. 4.157,80 EUR. Diese Summe entspricht demnach dem derzeitigen Aufwand, den die Kläger (vor-)leisten müssten, um an die begehrten Unterlagen zu kommen. Daher entspricht auch diese Summe dem Streitwert. Derzeit besteht das wirtschaftliche Interesse der Kläger darin, die Unterlagen ohne Vorleistung der vermeintlichen Honoraransprüche zu erlangen …

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