Der Kl. hat keine Ansprüche gegen die Bekl. aus der zwischen den Parteien bestehenden Unfallversicherung wegen einer Invalidität aufgrund einer Borreliose-Infektion. Dabei kann der zwischen den Parteien streitige Umstand, ob der Kl. an Borreliose erkrankt ist und ob dies zu einer Invalidität im Sinne der Versicherungsbedingungen geführt hat, dahinstehen. Selbst wenn dies zugunsten des Kl. unterstellt würde, hätte er gegen die Bekl. keine Ansprüche.
Das Unterliegen des Kl. beruht auf der Nichteinhaltung der in den AVB vorgesehenen Frist von 3 Jahre, innerhalb der von einem Arzt die Invalidität schriftlich festgestellt worden sein muss. Die Frage, ob die Frist der ärztlichen Feststellung eingehalten wurde, ist eine von Amts wegen zu berücksichtigende Anspruchsvoraussetzung. Bei ihrem Fehlen – spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – ist die Klage abzuweisen.
Die Frist der ärztlichen Feststellung der Invalidität innerhalb von 3 Jahren ist nicht eingehalten worden. Nach dem klägerischen Vortrag ist eine ärztliche Feststellung der Invalidität frühestens am 8.6.2020 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist allerdings schon abgelaufen, da sie im April 2017 zu laufen begonnen hatte.
Maßgeblich für den Fristbeginn ist nach den Versicherungsbedingungen der Unfall. Als Unfall gilt vorliegend der mögliche Ausbruch der Infektionskrankheit Borreliose. Der Begriff des Ausbruchs ist in den Versicherungsbedingungen nicht definiert, sein Inhalt muss folglich durch Auslegung ermittelt werden. (wird ausgeführt)
Aufgrund des Wortlauts der Versicherungsbedingungen ergibt sich zum einen, dass der "Ausbruch" nicht mit dem Insektenstich selbst gleichzusetzen ist, obwohl dieser eigentlich dem von außen auf den Körper wirkenden Ereignis entspricht, der typischerweise das Unfallereignis darstellt. Die AVB stellen aber ausdrücklich auf den Ausbruch ab und nicht auf den Insektenstich. Zum anderen ergibt die Auslegung des Begriffs Ausbruch allerdings auch, dass nicht entscheidend auf die – erstmalige – Diagnose der Infektionskrankheit abgestellt werden kann. Bei dem Ausbruch einer Krankheit handelt es sich um einen Vorgang, der sich im Körper abspielt, während die Diagnose etwas Externes ist. Schließlich ergibt die Auslegung des Wortes "Ausbruch", dass alleine die Infektion mit den Krankheitserregern noch nicht ausreichend ist, sondern dass die Krankheit durch erste, möglicherweise auch massivere, Symptome erkennbar werden muss.
Auf duden.de wird der Ausbruch (unter anderem) als "plötzliches, heftiges Einsetzen von etwas" definiert und dabei der Ausbruch einer Krankheit als Beispiel genannt. Dies entspricht auch dem allgemeinen Sprachgebrauch. Wenn etwas "zum Ausbruch kommt", bedeutet dies insbesondere, dass etwas bemerkbar wird, mag es möglicherweise schon vorher vorhanden gewesen sein.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Diagnose einer Borreliose erst im Juli 2018 gestellt wurde und damit mehr als ein Jahr nach dem Zeckenbiss bzw. den ersten Symptomen einer Borreliose, wenn der klägerische Vortrag zugrunde gelegt wird. Zwar wird der Ausbruch einer Infektionskrankheit oft schwieriger festzustellen sein als das Vorliegen eines Unfalls, der regelmäßig unmittelbar bemerkt werden wird. Bei der Frist der ärztlichen Feststellung handelt es sich aber nicht um eine Ausschlussfrist, sondern um eine Anspruchsvoraussetzung. Die Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität soll genauso wie die Frist für den Eintritt der Invalidität – unabhängig von Verschuldensfragen – im (berechtigten) Interesse des VR an einer rationellen, arbeits- und kostensparenden Abwicklung schwer aufklärbare und unübersehbare Spätschäden vom Versicherungsschutz ausnehmen und eine baldige Klärung der Leistungspflicht des VR herbeiführen. Deshalb schließt die Versäumung der 15-Monats-Frist den Anspruch auf Invaliditätsleistung auch dann aus, wenn – wie in vorliegendem Fall – eine solche Feststellung vor Fristablauf gar nicht hätte getroffen werden können (vgl. OLG Koblenz r+s 2002, 84; LG Dortmund r+s 2012, 94; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 186 Rn 14 …). Bei den streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen besteht darüber hinaus auch kein besonderes Schutzbedürfnis des VN, da die Frist mit drei Jahren sowieso deutlich länger bemessen ist als typischerweise vorgesehen (vgl. Rixecker, a.a.O., Rn 5: je nach AVB binnen 15 bis 24 Monaten).
Legt man diese Definition der Schilderung des Kl. von seinem Krankheitsverlauf zu Grunde, ist von einem Ausbruch im April 2017 auszugehen. Zu diesem Zeitpunkt sollen beim Kl. borreliosetypische Beschwerden wie Fieber, dröhender Kopf, Hals- und Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit und schließlich noch ein Hörsturz aufgetreten sein. Die Feststellung der Invalidität frühestens am 8.6.2020 durch Herrn Dr. A. erfolgte dann nach Ablauf der Frist von 3 Jahren. Aus diesem Grund konnte der Rechtsstreit auch entschieden werden, obwohl die Bescheinigung von Dr. A. noch nicht zur Akte gelangt ist...