VVG § 81 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, Abs. 2 § 827; BB-Kaskoschutz Ziffer IV Nr. 2 a
Leitsatz
Zur Anwendbarkeit der im Rahmen des § 81 VVG entwickelten Grundsätze auf eine leasingvertragliche Bestimmung, wonach die im Übrigen vereinbarte Haftungsfreistellung des Leasingnehmers für unfallbedingte Schäden an dem geleasten Kraftfahrzeug (hier: BB-Kaskoschutz) dann nicht gilt, wenn dieser den Schaden infolge des Genusses alkoholischer Getränke herbeigeführt hat.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.1.2023 – 4 U 140/21
1 Sachverhalt
Die Kl. macht Ansprüche wegen der Beschädigung eines Fahrzeugs durch den Bekl. im Rahmen eines Verkehrsunfalls geltend. Die Kl. war im Unfallzeitpunkt Eigentümerin und Leasinggeberin des Pkw VT-T. Leasingnehmerin war die H. C. GmbH, die das Fahrzeug dem bei ihr beschäftigten Bekl. zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung gestellt hatte.
Der Bekl. befuhr am 21.7.2019 gegen 12.40 Uhr mit dem oben bezeichneten Pkw die … Straße in H. aus Richtung H. kommend und bog nach rechts in die … straße ab. Hierbei kam er ohne Fremdeinwirkung nach links von der Fahrbahn ab und kollidierte mit der Hauswand des Anwesens … Straße 81. An dem Haus entstand ein Sachschaden von 7.125 EUR netto. Der Pkw der Kl. wurde im Frontbereich erheblich beschädigt. Der Bekl. entfernte sich anschließend vom Unfallort, ohne Feststellungen zu ermöglichen.
Eine bei dem Bekl. am Unfalltag um 14.16 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 3,19 Promille. Bei einer weiteren Blutprobe um 14.46 Uhr wurde ein BAK-Mittelwert von 3,07 Promille festgestellt.
In den Bedingungen für die "Dienstleistung Kaskoschutz" Kaskoschutz vereinbart und bestimmt:
2. Nicht vom KaskoSchutz umfasste Schäden:
a) Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
Kein Kaskoschutz besteht für Schäden, die vorsätzlich herbeigeführt werden.
Bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens verzichtet der Leasinggeber dem Leasingnehmer gegenüber in der Voll- und Teilkaskodeckung auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit. Der Verzicht gilt zugunsten eines leasingvertraglich zur Nutzung berechtigten Fahrers entsprechend.
Der Verzicht gilt nicht bei Entwendung des Fahrzeugs und bei Herbeiführung des Kaskoschutzfalles infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel. In diesem Fall ist der Leasinggeber berechtigt, die Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
2 Aus den Gründen.
1. Das LG hat angenommen, dass der Kl. gegen den Bekl. dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB zustehe. Insbesondere könne der Bekl. sich im Ergebnis nicht auf die in den Kaskobedingungen der Kl. enthaltene Haftungsbeschränkung des berechtigten Fahrers berufen. Denn der Bekl. habe den Unfall infolge des Genusses alkoholischer Getränke grob fahrlässig herbeigeführt mit der Folge, dass die Kl. gemäß Ziffer IV 2.a) der Kaskobedingungen berechtigt sei, die Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Dies führe im vorliegenden Fall zu einer vollumfänglichen Haftung des Bekl. Von einer Schuldunfähigkeit des Bekl. im Unfallzeitpunkt könne nicht ausgegangen werden, da der Bekl. abgesehen von der festgestellten BAK von 3,07-3,19 Promille nicht weiter zu seiner Schuldunfähigkeit vorgetragen bzw. Beweis angeboten habe. Außerdem habe er seiner sekundären Darlegungslast dazu nicht genügt, ob und welche Maßnahmen er getroffen gehabt habe, um zu verhindern, dass er eine Fahrt in alkoholisierten Zustand antrete oder fortsetze. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände, insbesondere der ganz erheblichen Alkoholisierung, sei eine Kürzung der Haftungsfreistellung auf null angemessen.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Berufung stand. Der Kl. steht dem Grunde nach ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Die Voraussetzungen der im Leasingvertrag geregelten Haftungsfreistellung sind nicht erfüllt.
a. Die Kl. kann ihr Schadensersatzbegehren nicht auf § 7 Abs. 1 StVG stützen. Nach der Rspr des BGH haftet der Halter eines Kraftfahrzeugs dem Eigentümer gegenüber nicht aus § 7 Abs. 1 StVG auf Ersatz eines Schadens am Kraftfahrzeug. Nach dem Schutzzweck der Norm ist unter der Sache im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG nur eine vom Fahrzeug verschiedene Sache zu verstehen, nicht dagegen das Fahrzeug selbst. Die verschärfte Haftung des Kraftfahrzeughalters bezweckt nur, Dritte vor den ihnen aufgezwungenen Gefahren des Kraftfahrzeugbetriebs zu schützen. Damit wäre eine Haftung des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber allein aufgrund dessen Eigentums nicht zu vereinbaren. Der Zweck der Gefährdungshaftung, andere Verkehrsteilnehmer vor von dem Kfz ausgehenden Gefahren zu schützen, kann hier nicht eingreifen; anders verhält es sich nur, wenn der Eigentümer durch das Kfz körperlich geschädigt wird (BGH, Urt. v. 7.12.2010 – VI ZR 288/09 juris Rn 9 ff. …). Damit haftet der Bekl., dem das Fahrzeug von seiner Arbeitgeberin (der Leasingnehmerin) zur dienstlichen und privaten Nutzung überlassen worden w...