StVG § 25a
Leitsatz
1. Für das Parken von Elektrokleinstfahrzeugen auf der Fahrbahn gelten die besonders angeordneten Halt- und Parkverbote (z.B. Sperrflächen (Zeichen 298), Haltverbote (Zeichen 283, 286) oder Grenzmarkierung für Halt- oder Parkverbote (Zeichen 299)), da diese sich an alle Fahrzeuge wenden, einschließlich Fahrräder, mit denen wiederum die Elektrokleinstfahrzeuge gemäß § 11 Abs. 5 eKFV geleichgestellt werden.
2. Die Ermittlung des für den Parkverstoß verantwortlichen Führers des Elektrokleinstfahrzeugs erfordert einen unangemessenen Aufwand für die Bußgeldbehörde, wenn die Halterin der Verfolgungsbehörde lediglich einen Namen, eine Handynummer und eine E-Mail-Adresse des Mieters mitgeteilt, nicht aber die notwendigen Personalien nach § 111a OWiG bzw. zumindest eindeutige Angaben zur Identifizierung einschließlich einer Wohnanschrift oder vergleichbaren Angabe zum ständigen Aufenthalt oder vergleichbaren Erreichbarkeit des Mieters. (Leitsätze der Redaktion)
AG Stuttgart, Beschl. v. 3.6.2023 – 20 OWi 1497/23
1 Sachverhalt
Die Betroffene ist ein Unternehmen zur stationsungebundenen Vermietung von Elektrokleinstfahrzeugen (eScootern). Das Geschäftsmodell sieht vor, dass diese Dritten für den spontanen Gebrauch zur eigenverantwortlichen Nutzung überlassen werden, wozu sich der jeweilige Mieter mittels einer Software über sein Mobiltelefon anmeldet, danach – wohl nach den Geschäftsbedingungen – das Elektrokleinstfahrzeug selbst nutzt und anschließend ohne festen Rückgabeort auf öffentlichen Flächen abstellt (sog. Free-Floating-Angebot). Aus eigenen Erwägungen erhebt die Betroffene nach eigenen Angaben von den Mietern lediglich neben einem Namen eine E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer. Bei einer Kontrolle durch das städtische Ordnungsamt wurde festgestellt, dass ein Elektrokleinstfahrzeug der Betroffenen als Halterin im durch Zeichen 283 markierten Halteverbot auf der Fahrbahn abgestellt wurde. Nachdem die Stadt Stuttgart mittels einer Halteranfrage die Betroffene als Halterin des Elektrokleinstfahrzeug ermittelt hatte, sandte sie dieser unter Nennung des Kennzeichens, des Tatortes und des Datums sowie der Uhrzeit einen Zeugenfragebogen mit Zahlungsangebot. Diese ließ durch die von ihr beauftragte Rechtsanwaltskanzlei die gespeicherten Namen, Telefonnummer und E-Mailadresse und mitteilen, dass die Betroffene weitere Daten nicht vorhalte und den Fahrer nicht weiter ermitteln könne. Später mahnte die Stadt Stuttgart bei der Betroffenen die Auskunft über den Fahrer an, worauf diese ihren Rechtsstandpunkt erneuerte, so dass die Stadt Stuttgart mit Kostenbescheid das Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes einstellte und der Betroffenen die Verfahrenskosten sowie die Auslagen auferlegte.
Die Betroffene beantragt gerichtliche Entscheidung gemäß § 25a Abs. 3 StVG. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass sie nicht "zur Zahlung eines Bußgelds" herangezogen werden könne, da kein Parkverstoß vorliege, da §§ 12, 13 StVO nicht für ihr betroffenes Fahrzeug anwendbar sei, ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht § 25a StVG auslösen könne und eine Abfrage der Telekommunikationsdaten der Bußgeldbehörde zur weiteren Ermittlung möglich sei, die sie aber nicht vorgenommen habe. Das AG hat den Antrag der Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
[…] II. Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet. Die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 25a StVG sind erfüllt, da das verfahrensgegenständliche Elektrokleinstfahrzeug, dessen Halterin die vor der Entscheidung angehörte Betroffene ist, ein Kraftfahrzeug im Sinne der Vorschrift ist (1.), mit diesem ein objektiv begangener Halt- bzw. Parkverstoß im öffentlichen Straßenverkehr vorliegt, der im Wege des Bußgeldverfahrens hätte geahndet werden können (2.), im Vorliegenden Fall die Ermittlungen des Führers des Kraftfahrzeugs jedenfalls einen unangemessenen Aufwand erfordern würden bzw. erfordert hätte (3.) und es nicht unbillig ist, die Betroffene mit den Kosten zu belasten (4.).
1. Der abgestellt eScooter mit dem Kennzeichen … ist als ein Elektrokleinstfahrzeug gem. § 1 eKFV ein Kraftfahrzeug i.S.v. § 25a StVG.
§ 11 Abs. 5 eKFV schließt diese Zuordnung auch nicht aus, sondern stellt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck lediglich für die Parkgebote Elektrokleinstfahrzeuge Fahrrädern gleich, um damit ihnen die dafür zugewiesenen Verkehrsflächen ebenfalls zuzuweisen. Der Verordnungsgeber begründet dies nicht nur mit der Vergleichbarkeit hinsichtlich des Abstellens und Benutzens mit Fahrrädern bzw. sonstigen von Fußgängern genutzten Mobilitätshilfen, sondern ausdrücklich: weil "es sich bei Parkraum um ein knappes Gut handelt, würde eine Konkurrenzsituation zwischen Elektrokleinstfahrzeugen zu den übrigen Kraftfahrzeugen den Parkdruck noch weiter erhöhen." (BR-Drs. 158/19, S. 39). Er geht mithin davon aus, dass Elektrokleinstfahrzeuge auch hier zu den Kraftfahrzeugen zu zählen sind, und die Aus...