Das Landgericht Hamburg hat in der ersten Instanz die Höhe der als erforderlich anzusetzenden Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen mit gerundet 33 EUR bemessen und ein Ausfall- bzw. Überwachungsverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung einer Werkstatt mit deutlich darüber liegenden Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen von 157 EUR bejaht. Dabei ging das Landgericht davon aus, dass das Desinfizieren von Kontaktflächen innerhalb und außerhalb des Fahrzeuges keine besonderen Fähigkeiten voraussetzen würde und von Aushilfskräften erledigt werden könnte. Deshalb wurde für die Bestimmung der dabei anfallenden Aufwendungen der niedrigste Arbeitslohn in der betroffenen Fachwerkstatt angesetzt und als Zeiteinheit lediglich einen einzigen Arbeitswert (1 AW) bemessen. Diesem hinzu kam für den Materialeinsatz 1,16 EUR brutto für Desinfektionsmittel, Reinigungstücher und Einmalhandschuhe, woraus sich der Betrag in Höhe von 33,16 EUR ergeben hat. Diese Höhe der als erstattungsfähig anzusetzenden Aufwendungen für Corona-Schutzmaßnahmen hat auch der BGH bestätigt und zugleich darauf hingewiesen, in diesem Einzelfall dem Geschädigten sowohl ein Ausfall- als auch ein Überwachungsverschulden wegen der viel zu hoch angesetzten Desinfektionskosten durch die Werkstatt treffen würde.
Zwar konnte sich der Geschädigte auch auf das sogenannte Werkstattrisiko bei einer Reparatur eines Fahrzeuges unter Berücksichtigung des Anfalls von Corona-Schutzmaßnahmen, insbesondere Desinfektionskosten berufen. Diese Grundsätze dürfen allerdings nicht dazu führen, dass die Reparaturkostenrechnung der Werkstatt ungeprüft mit dem für die Instandsetzung des Fahrzeuges geschuldeten Betrag gleichzusetzen wäre. Vielmehr verbleibt beim Geschädigten der zu führende Nachweis, dass er wirtschaftliche vorgegangen ist und daher bei der Beauftragung als auch bei der Überwachung der Reparaturwerkstatt den Interessen des Schädigers eine Geringhaltung des Herstellungsaufwandes Rechnung getragen hat. Den Geschädigten trifft daher eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der von der Werkstatt bei Vertragsabschluss geforderten bzw. später berechneten Preise. Verlangt die Werkstatt nun Preise, die für den Geschädigten wie hier erkennbar deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung der Werkstatt zu diesen Preisen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen. Im vorliegenden Fall würde es sich bei den Corona Schutzmaßnahmen um Kosten des alltäglichen Lebens handeln, bei dem vom Geschädigten eine gewisse Plausibilitätskontrolle gefordert werden könnte.
Der BGH hat in seinen Urteilen vom 16.1.2024 bereits hervorgehoben, dass den Geschädigten sowohl ein Auswahl- als auch ein Überwachungsverschulden treffen kann, wenn die Werkstatt auch für den Geschädigten erkennbar zu hohe Preise abrechnet. Dass derart hohe Aufwendungen für die Durchführung einfach gelagerter Corona-Schutzmaßnahmen mit gut 160 EUR nicht veranlasst sind, ist auch für eine Privatperson ohne besondere Fachkenntnisse erkennbar. In diesem Einzelfall konnten also auch gegen die Geschädigten die Einwendungen der Sache entgegengehalten werden, der seine Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens verletzt hat. Insoweit betont der BGH mit dieser Entscheidung auch noch einmal, dass nicht nur im Bereich der Sachverständigenkosten, sondern auch bei den Kosten an der Reparatur dem Geschädigten gegenüber sehr wohl ein Überwachungsverschulden treffen kann, wenn naheliegende Kontrollüberlegungen nicht eingestellt werden.