Der BGH setzt seine Rechtsprechung bezüglich der Grundsätze des sogenannten "Werkstattrisikos" fort, die jetzt mit den neuen Vorgaben aus dieser Entscheidung auch für die Ersatzfähigkeit aller anderen Ansprüche des Geschädigten im Zusammenhang mit der Beauftragung von Werkunternehmern nach einem Verkehrsunfall gegenüber der Schädigerseite gelten dürften.
1. Grundlegende Bedeutung für alle Dienstleistergruppen
Die Entscheidung dürfte daher nicht nur für den Bereich der Sachverständigenkosten, sondern beispielsweise auch für die Erstattung von Abschleppkosten oder weitere Aufwendungen eingeschalteter dritter Unternehmer durch den Geschädigten von besonderer Bedeutung sein. Ganz entscheidend ist dabei, dass die gleichen Grundsätze wie beim Werkstattrisiko auch auf die Erstattungsfähigkeit von Kosten für ein eingeschaltetes Sachverständigenbüro anzuwenden und für das sogenannte "Sachverständigenrisiko" zu beachten sind. Dann hat es der Geschädigte jetzt nach der insoweit maßgeblichen Grundsatzentscheidung des BGH vom 16.1.2024 in der Hand, durch den von ihm verfolgten Antrag die Weichen dafür zu stellen, ob er selbst oder aber die Schädigerseite das sogenannte "Sachverständigenrisiko" trägt. Grundsätzlich bleibt es erst einmal dabei, dass ebenso wie das Werkstattrisiko auch das Sachverständigenrisiko durch die Grundsatzentscheidung des BGH vom 16.1.2024 die Schädigerseite trägt. Dem Geschädigten wird jetzt – anders als in der älteren Rechtsprechung des BGH – auch im Bereich der Sachverständigenkosten die Option eröffnet, eine Zahlung direkt an den Sachverständigen zu verfolgen und dabei Zug um Zug gegen gegebenenfalls bestehende Rückforderungsansprüche wegen eines deutlich überhöhten Honorars oder eine zu beanstandende Tätigkeit des Sachverständigen an die Schädigerseite abzutreten. Dies gilt auch dann, wenn der Geschädigte die Rechnung noch nicht vollständig bezahlt hat, aber von dem Schädiger die Zahlung des offenen Differenzbetrages nur gegenüber dem Sachverständigen Zug um Zug gegen eine Abtretung möglicher Regressansprüche verfolgt.
2. Kontrolle des Geschädigten als Auftraggeber
Für die Fallgruppe der Sachverständigenkosten ist allerdings zu berücksichtigen, dass der BGH in mehreren Entscheidungen aus den Jahren 2016 und 2027 anschaulich dargelegt hat, dass beim Geschädigten bei der Überprüfung des Sachverständigenbüros allerdings die Verpflichtung zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle verbleibt und er also in der Praxis nicht einfach gutgläubig und ohne jegliche Überprüfung das Honorar des Sachverständigen ausgleicht oder eine Auszahlung an diesen fordern kann. Dies beginnt bereits damit, dass die Kosten der Begutachtung unfallbedingt sein müssen und damit auch die gleichen Grundsätze eingreifen, die bei den Reparaturkosten zu beachten sind – das sogenannte "Werkstattrisiko" erfasst nicht die Übernahme von unfallfremden Vorschäden. Dies gilt auch für die Begutachtung entsprechend unfallfremder Schäden, sodass die damit verbundenen Aufwendungen nicht zu erstatten sind.
Durch einen Verkehrsunfall entstandene Sachverständigenkosten sind daher nicht ersatzfähig, wenn das Gutachten infolge nicht berücksichtigter Vorschäden unbrauchbar ist und der Geschädigte dies zu vertreten hat. Der Geschädigte hat dabei die Unbrauchbarkeit des Gutachtens auch dann zu vertreten, wenn er es nach dem Erhalt des Gutachtens versäumt hat, den Sachverständigen auf einen von diesem nicht berücksichtigten Vorschaden hinzuweisen und auf eine Berichtigung bzw. Ergänzung des Gutachtens hinzuwirken, obwohl die Berücksichtigung des Vorschadens sich aus seiner Sicht aufdrängen musste.
Darüber hinaus trifft den Geschädigten die Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten bzw. später berechneten Preise, wie der BGH mehrfach in den Jahren 2016 und 2017 schon entschieden hat. Verlangt beispielsweise der Sachverständige schon bei Vertragsabschluss Preise, die für den Geschädigten erkennbar deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung des Sachverständigen jetzt nicht als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erweisen und ihm ein sogenanntes "Ausfallverschulden" entgegengehalten werden. Auch die weitere Abrechnung und Tätigkeit des Sachverständigen muss der Geschädigte überwachen – ihn trifft dabei ein entsprechendes Verschulden, wenn die Rechnung für den Geschädigten als Auftraggeber erkennbar von der Honorarvereinbarung abweicht oder wenn der Sachverständige für den Geschädigten erkennbar deutlich überhöhte Nebenkosten abrechnet (grundlegend bereits BGH, Urt. v. 24.10.2017 – VI ZR 61/17 = NJW 2018, 693 sowie BGH, Urt. v. 26.4.2016 – VI ZR 50/15 = VersR 2016, 1133). In diesem Fall kann der Geschädigte nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen und insoweit ist dem Tatrichter...