II. …“ Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige Beschwerde des Beklagten zu 3) hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG keine Zusatzgebühr nach VV RVG Nr. 1010 festgesetzt. Denn durch die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) ist keine Zusatzgebühr entstanden.
VV RVG Nr. 1010 setzt nach seinem insoweit klaren Wortlaut voraus, dass in mindestens drei gerichtlichen Terminen Sachverständige oder Zeugen vernommen wurden. Daran fehlt es. Vorliegend fand nur in zwei gerichtlichen Terminen eine Beweisaufnahme statt. Dann entsteht keine Zusatzgebühr (OLG München, Beschl. v. 26.6.2020 – 11 W 674/20 –, zfs 2020, 467 m. Anm. Hansens = AGS 2020, 374 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2020, 340 (Hansens); Toussaint/Uhl, 53. Aufl., Kostenrecht, VV RVG 1010 Rn 4; Gerold/Schmidt/Mayer, 26. Aufl., RVG VV 1010 Rn 1; HK-RVG/Erik Kießling, 8. Aufl., RVG VV 1010 Rn 3; Schneider/Volpert/Fölsch, 3. Aufl., Gesamtes Kostenrecht, VV RVG Nr. 1010 Rn 10).
Die Gebührenvorschrift des VV RVG Nr. 1010 ist auch nicht auf andere Fälle einer umfangreichen Beweisaufnahme entsprechend anwendbar.
a) Denn es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke. Denn der Gesetzgeber hat mit dem Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zwar einen Regelungsbedarf für den besonderen Aufwand bei sehr umfangreichen Beweisaufnahmen erkannt, die Zusatzgebühr aber zur Vermeidung von Fehlanreizen bewusst an die "Hürde bis zu einem dritten Beweistermin" geknüpft (BT-Drucks 17/11471, S. 272). Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Gebührenvorschrift auf andere langwierige oder umfangreiche Verfahren obläge daher dem Gesetzgeber (so auch OLG München a.a.O.).
b) Weiter lässt sich der Senat von der Erwägung leiten, dass der Gesetzgeber Anwaltsgebühren überwiegend als Pauschalgebühren ausgestaltet hat, die teilweise – was auch vorliegend der Fall sein mag – nicht kostendeckend sein können, aber die Notwendigkeit von Billigkeitserwägungen ausschließen. Soweit der Gesetzgeber Betragsrahmengebühren normiert hat, ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit stets nur für die Gebührenhöhe relevant. Damit berücksichtigt der Gesetzgeber auch sonst den Aufwand eines Rechtsanwalts allenfalls bei der Höhe einer Gebühr, niemals aber bereits bei der Frage, ob überhaupt eine Gebühr entsteht (vgl. Senat, Beschl. v. 4.11.2022 – 4 W 96/22 –, juris).
c) Schließlich ist bei Kostenvorschriften stets eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung geboten, weil das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und infolgedessen dem Rechtspfleger übertragen ist. Die Klärung komplizierter rechtlicher Fragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich. Nur dies führt in den formalisierten, auf vereinfachte Prüfung zugeschnittenen Masseverfahren zu einer praktikablen Handhabung und verlässlichen Ergebnissen (vgl. BGH, Beschl. v. 8.4.2021 – VII ZB 21/20 –, Rn 12 f., juris, JurBüro 2021, 582; Senat, Beschl. v. 16.2.2024 – 4 W 17/24 –, juris; Senat, Beschl. v. 4.11.2022 – 4 W 96/22 –, juris). Mit der Notwendigkeit einer einzelfallbezogenen Prüfung des Umfangs der Beweisaufnahme durch einen Rechtspfleger, der im Rahmen der Kostenfestsetzung erstmals mit dem Verfahren befasst ist, würde das Kostenfestsetzungsverfahren erheblich und sachfremd belastet (so bereits Senat, Beschl. v. 4.11.2022 – 4 W 96/22 –, juris). Dies ist abzulehnen.“
Mitgeteilt von RiOLG Peter Wunsch