Schon nach kurzen zwei Jahren, in denen wie immer reichlich neue Rechtsprechung im Verkehrsrecht, aber auch das neue Fahreignungsregister zu verarbeiten waren, ist das Handbuch von Gebhardt zur Verteidigung in Verkehrssachen neu aufgelegt worden. Auf inzwischen mehr als 900 Seiten inklusive Verzeichnissen kann sich der Rechtsanwender in den entsprechenden Bereichen des Straf- und Bußgeldrechts kundig machen. Die Gestaltung des Werks ist extrem lesefreundlich und vereint klassischen Fließtext mit Hinweisen, Beispielen, Einschüben sowie Hervorhebungen durch Fettdruck. Die zahlreichen Hinweise auf Rechtsprechung und Literatur sind leider nach wie vor überwiegend im Text verankert. Im Gegensatz zur vorherigen Auflage ist der § 316a StGB wieder mit einer einzigen Seite enthalten, was mir eher sinnlos erscheint. Dies, die Aktualität der Fundstellen in einigen Kapiteln, die Nichtzitierung bestimmter Fachliteratur oder vielleicht auch die eine oder andere inhaltliche Kleinigkeit mag man mit Recht kritisieren, aber das würde ein falsches Licht auf das Gesamtkonzept des Buches werfen. Denn dies besteht aus einer beeindruckenden Melange aus materiellem Recht, Verfahrensrecht, taktischen Fragen, organisatorischen Hilfestellungen, Gebührenrecht und Mandantenpsychologie und sucht in dieser Form seinesgleichen auf dem Buchmarkt im Verkehrsrecht. Natürlich bin ich, gerade als Richter, in einigen Punkten anderer Ansicht als der Autor, was ich auch schon in der Besprechung der Vorauflage kundgetan habe und was sich auch mit der Neuauflage nicht ändert. Aber das gehört zur Routine zwischen Anwalt und Gericht und mindert die Qualität dieses Werks in keiner Weise. Vor allem profitiert der Leser davon, dass Gebhardt sein ganzes Gewicht als erfahrener und erfolgreicher Verteidiger in seine Ausführungen und persönlichen Stellungnahmen legen kann. Ob man sich dem dann anschließt oder die Erläuterungen kritisch hinterfragt und dann ablehnt, ist eine ganz andere und sehr individuelle Frage.
Was erwartet den Leser? Das Kompendium erläutert das Mandat in Verkehrssachen, verliert dabei schon zu Beginn das Verfahren vor Behörden und Gericht nie aus dem Blick und wichtige Aspekte werden an verschiedenen Stellen des Buches wiederholt. Nach der kurzen Einleitung zur Mandatsaufnahme erfolgt die rasche Fokussierung auf Eckpunkte des Verfahrens, etwa die Vollmacht, die Zustellung oder die notwendige Verteidigung in Verkehrssachen. Im Folgenden werden das Verhalten gegenüber Behörden und die Zusammenarbeit mit Versicherungen beschrieben. Eingestreut werden auch immer wieder prozessuale Probleme, das Registerrecht oder die Berücksichtigung der Gemütslage des Mandanten bei gleichzeitigem Informationsdefizit, das der Anwalt verständlich ausgleichen muss. Danach werden typische Ordnungswidrigkeitentatbestände samt Rechtsfolgen und Verfahrensrecht abgehandelt, die Rechtsfolgen bestehend aus Geldbuße und Fahrverbot. Ein eigenes Kapitel ist dem Verfahrensrecht in Bußgeldsachen vorbehalten, in welchem ich naturgemäß die meisten Kritikpunkte habe. Dazu kommen Kapitel zu Alkohol und Drogen im Straßenverkehr, was eine gute Überleitung zu den Verkehrsstraftatbeständen darstellt. Diese sind Straßenverkehrsgefährdung, Unfallflucht und andere Straftaten samt eigenen Abschnitten zu den Rechtsfolgen (Strafe und Fahrerlaubnisentzug). Als Schlusspunkt wird dann auszugsweise das Verkehrsverwaltungsrecht mit Schwerpunkt auf der MPU aufbereitet.
Die Arbeit mit diesem Werk kann man Anwälten zum Einstieg in Verkehrssachen nur empfehlen. Für erfahrene Praktiker und Richter ist es ebenfalls eine gute Erkenntnisquelle, gerade zum Abgleich mit anderen Standardwerken zum Verkehrsrecht, zur Überprüfung taktischen Wissens, aber auch schlicht zur Einschätzung des Verkehrsanwalts und seiner Gedankengänge vor dem Prozess und während des Prozesses.
Autor: Dr. Benjamin Krenberger
RiAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
zfs 10/2015, S. 554 - 555