a) Der Europäische Gerichtshof hat in seinen aktuellen Entscheidungen vom 28.6.2008 festgelegt, dass Führerscheine dann nicht anerkannt werden müssen, wenn sie unter offensichtlicher Verletzung des Wohnsitzprinzips erteilt worden sind. In Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG ("Zweite Führerschein-Richtlinie") und dem erst ab 19.1.2009 geltenden Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG ("Dritte Führerschein-Richtlinie"), ist festgelegt, dass ein Mitgliedstaat eine Fahrerlaubnis nur erteilen darf, wenn der Antragsteller seinen ordentlichen Wohnsitz mindestens 185 Tage im Ausstellerstaat hat. Speziell in der Tschechischen Republik, die zum 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten ist, wurde dieses Wohnsitzerfordernis erst mit Wirkung vom 1.7.2006 in nationales Recht umgesetzt. So ist zu erklären, dass in vielen Führerscheinen aus diesem Land in Feld 8 ein deutscher Wohnsitz eingetragen ist. Das zeigt, dass das Wohnsitzerfordernis bei der Ausstellung nicht beachtet wurde. Der Europäische Gerichtshof stellt fest, dass in diesen Fällen, in denen sich aus dem Führerscheindokument ergibt, dass der Inhaber bei dessen Ausstellung keinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellerstaat hatte, der Fahrerlaubnis keine Gültigkeit in anderen Staaten der Europäischen Union zukommt. Solche Fahrerlaubnisse müssen in anderen Ländern nicht anerkannt werden. Dem steht gleich, dass entsprechende Verstöße aus unbestreitbaren Erkenntnissen des Ausstellerstaates hervorgehen. Der spätere Aufenthaltsstaat darf nach der "Kapper"-Entscheidung allerdings keine Ermittlungen und selbständigen Erwägungen zur Frage der Erfüllung des Wohnsitzerfordernisses bei einer von einem anderen EU-Staat erteilten Fahrerlaubnis anstellen. Das hat der Europäische Gerichtshof in seinen Entscheidungen vom 28.6.2008 unterstrichen.
b) Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs führt dazu, dass mit einem solchen Führerschein seit Ausstellung keine Fahrberechtigung in Deutschland verbrieft wird. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung der ihm durch Art. 234 lit. a des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft verliehenen Befugnis vornimmt, die Bedeutung und Tragweite dieser Vorschrift, so wie sie seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre, erforderlichenfalls erläutert und verdeutlicht. Hieraus folgt, dass der Richter die in dieser Weise ausgelegte Vorschrift auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Auslegungsersuchen ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden kann und muss, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, dass ein Rechtsstreit über die Anwendung dieser Vorschrift vor die zuständigen Gerichte gebracht wird.
c) Da die Fahrerlaubnis von Anfang an keine Gültigkeit in Deutschland besitzt, kann auch das Recht, von dieser Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch machen zu können, nicht aberkannt werden. Die Aberkennung eines Rechts setzt voraus, dass das Recht einmal bestanden hat. Hat eine solche Berechtigung aber nie bestanden, ist festzustellen, dass die Fahrerlaubnis in Deutschland ungültig ist. Ein bereits ergangener Aberkennungsbescheid kann gem. §/Art. 47 des jeweiligen Landes-Verwaltungsverfahrensgesetzes in einen entsprechenden feststellenden Verwaltungsakt umgedeutet werden. Denn er ist auf das gleiche Ziel gerichtet und belastet den Betroffenen nicht schwerer als die ursprünglich ergangene Aberkennungsentscheidung. Für den Sonderfall, dass sowohl die ausländische Fahrerlaubnis auf Grund des Eintrags eines Wohnsitzes in Deutschland von vorneherein ungültig ist wie auch der Betreffende nach Erteilung der Fahrerlaubnis Umstände verwirklicht hat, die eine Aberkennung des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland rechtfertigen, hat die Behörde ein Wahlrecht zwischen beiden Reaktionsmöglichkeiten.
d) Soweit ersichtlich, teilen die Fahrerlaubnisbehörden den ihnen bekannten Inhabern von ausländischen Fahrerlaubnissen, in deren Führerscheinen ein deutscher Wohnsitz eingetragen ist, zunächst formlos mit, dass auf Grund der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs diese Fahrerlaubnis von Anfang nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt hat und dass sie daher ab sofort – gestützt auf diese ausländische Fahrerlaubnis – nicht mehr Fahrzeuge in Deutschland führen dürfen. Ansonsten würden sie die Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG begehen. Der Führerschein solle alsbald der Straßenverkehrsbehörde zur Eintragung der Ungültigkeit in Deutschland vorgelegt werden, ansonsten ergehe hierzu ein förmlicher Bescheid. Ein solches Schreiben stellt keinen anfechtbaren Verwaltungsakt (§/Art. 35 Landes-Verwaltungsverfahrensgesetz) dar. Es ist vielmehr der Hinweis auf die Rechtslage und die Anhörung vor Erlass eines Bescheids, mit dem später zur Vorlage des Führerscheins bei der Behörde ...