“ II. [15] Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
[16] Diese Entscheidung kann gem. § 130a S. 1 VwGO durch Beschluss ergehen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung im Hinblick darauf, dass der Sachverhalt geklärt und die inmitten stehende Rechtsfrage eingehend schriftsätzlich erörtert worden ist, nicht für erforderlich erachtet. Die Beteiligten sind hierzu vorher gem. § 130a S. 2, § 125 Abs. 2 S. 3 VwGO gehört worden.
Das VG hat der Klage im Ergebnis zu Recht mit der Begründung stattgegeben, der Bescheid des Landratsamts München vom 21.6.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 14.12.2006 sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StVG nicht vorlägen. Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen, wenn die Bewertung der im Verkehrszentralregister zu erfassenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Rahmen des Punktsystems 14, aber nicht mehr als 17 Punkte ergibt. Punkte, die auf getilgte Eintragungen im Verkehrszentralregister entfallen, müssen dabei außer Ansatz bleiben, weil getilgte Eintragungen einem Verwertungsverbot unterliegen. Für Eintragungen über gerichtliche Entscheidungen ist ein solches in § 29 Abs. 8 S. 1 StVG ausdrücklich ausgesprochen worden; es gilt aber auch für verwaltungsbehördliche Bußgeldentscheidungen (vgl. BayVGH v. 15.5.2008 – 11 CS 08.69; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl. 2007, § 29 StVG Rn 1c, 15; Bouska/Laeverenz, Fahrerlaubnisrecht, 3. Aufl. 2004, § 29 StVG Erl. 22).
Im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids vom 21.6.2006 hatte der Kläger weniger als 14, nämlich nur 8 Punkte erreicht. Bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2006 hat sich daran nichts geändert. Wenn der Anwendung des Punktsystems, wie vom Senat für richtig gehalten, das sog. Tattagsprinzip (vgl. BayVGH v. 20.9.2004 – 11 CS 04.2277; v. 14.12.2005, BayVBI 2006, 762 = VRS 2006, 71 [= zfs 2006, 182, LS]) zugrunde gelegt wird, ergaben sich für den Kläger folgende Punktestände: Die mit je 3 Punkten bewerteten Ordnungswidrigkeiten vom 24.6.1999 und 27.10.2000 führten zu einem Punktestand von 6 Punkten.
Die Teilnahme des Klägers an einem Aufnahmeseminar und die Vorlage einer am 21.12.2000 ausgestellten Bescheinigung hierüber hatten gem. § 4 Abs. 4 S. 1, 4 StVG einen Abzug von 4 Punkten zur Folge, wodurch sich der Punktestand des Klägers auf 2 Punkte verminderte. Zu der vom Landratsamt wegen des von ihm bei Ausstellung der Teilnahmebescheinigung zugrunde gelegten Punktestands von 3 Punkten offensichtlich angenommenen Begrenzung des Punkteabzugs gem. § 4 Abs. 4 S. 5 StVG kam es nicht. Der Rotlichtverstoß vom 26.7.2002 ließ den Punktestand des Klägers auf 5 Punkte ansteigen. Mit der mit 10 Punkten zu bewertenden Straftat der versuchten Nötigung in zwei Fällen vom 26.9.2003 ergaben sich für den Kläger in der Folgezeit 15 Punkte. Da dieser zuvor nicht gem. § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StVG verwarnt worden war, wurde sein Punktestand gem. § 4 Abs. 5 S. 1 StVG auf 13 Punkte reduziert. Mit Ablauf des 20.8.2004 wurde die Eintragung über die Ordnungswidrigkeit vom 24.6.1999 gem. § 29 Abs. 6 S. 4 StVG tilgungsreif. Mit Ablauf des 18.1.2006 trat nach dieser Vorschrift auch hinsichtlich der die Ordnungswidrigkeit vom 27.10.2000 betreffenden Eintragung Tilgungsreife ein. Die Gesamtzahl der zum Nachteil des Klägers verwertbaren Punkte verminderte sich dadurch zunächst von 13 auf 10 Punkte und sodann von 10 auf 7 Punkte. Durch die mit 1 Punkt bewertete Ordnungswidrigkeit vom 22.2.2006 stieg sie bis zum Erlass des Ausgangsbescheids auf lediglich 8 Punkte wieder an.
Die in der Berufungsbegründung vertretene Auffassung des Beklagten, dass sich die mit Ablauf des 18.1.2006 eingetretene Tilgungsreife der die Ordnungswidrigkeit vom 27.10.2000 betreffenden Eintragung wegen der dem Kläger zuvor zugute gekommenen Punktreduzierung nach § 4 Abs. 5 S. 1 StVG nicht zu seinen Gunsten auswirken könne, teilt der Senat nicht. Die Richtigkeit der Auffassung, auch die nach einer Reduzierung des Punktestands gem. § 4 Abs. 5 StVG eingetretene Tilgungsreife von Eintragungen über zuvor begangene Verkehrszuwiderhandlungen schließe deren Verwertung zum Nachteil des Betroffenen solange nicht aus, als die auf diese Eintragungen entfallenden Punkte den Umfang der Punktereduzierung nach § 4 Abs. 5 StVG nicht überstiegen, ist vom Senat bereits im Beschl. v. 8.6.2007 – 11 CS 06.3037 bezweifelt worden, im Beschl. v. 15.5.2008 – 11 CS 08.69, auf den die Beteiligten im Rahmen der Anhörung zum beabsichtigten Vorgehen nach § 130a S. 1 VwGO hingewiesen wurden, hat sich der Senat ausdrücklich der gegenteiligen, eine derartige Verrechnung ablehnenden Rspr. des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 17.6.2005 – 16 B 2710/04 [zfs 2006, 116]) und des OVG Berlin-Brandenburg (Beschl. v. 20.7.2007 – OVG 5 S 13.07 [zfs 2007, 592]) anges...