Für Unfälle, die sich ab dem 10.1.2009 ereignen, wird das Schadensersatzstatut durch die Rom-II-VO bestimmt.
Die Rom-II-VO greift das deutsche Stufensystem wieder auf. Dabei sind die Vorschriften, die das System übernehmen in zwei Artikel zusammengefasst.
Zunächst erlaubt Art. 14 Rom-II-VO die Wahl des anwendbaren Rechts. Dabei können Verbraucher die Rechtswahl erst nach dem Eintritt des Schadensfalls treffen. Es dürfte aber mit der Zufälligkeit eines Unfalls ohnehin nicht in Einklang zu bringen sein, dass sich die Parteien bereits vor dem Unfall über das anwendbare Recht einigen. Die Rechtswahl kann aber beispielsweise im Rahmen der Regulierungsverhandlungen getroffen werden.
Wird keine Rechtswahl getroffen, gilt gem. Art. 4 Rom-II-VO folgendes:
- Das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der beteiligten Parteien bestimmt gem. Art. 4 Abs. 2 Rom-II-VO das anwendbare Recht; auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit oder den gemeinsamen Staat der Zulassung des Fahrzeuges kommt es weiterhin nicht an.
- Haben die Parteien keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt gilt das Tatortprinzip (Art. 4 Abs. 1 Rom-II-VO).
- Nach Art. 4 Abs. 3 Rom-II-VO kann eine wesentlich engere Beziehung zu einer Rechtsordnung das oben genannte System korrigieren. Ausdrücklich wird als Beispiel ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien genannt – z.B. ein Vertrag – das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Beziehung steht. Ein Beispiel für eine solche enge Verbindung könnte beispielsweise ein Vertrag zwischen einem deutschen Taxi-Unternehmer aus Garmisch Partenkirchen und einem in Holland wohnenden Touristen sein, der mit dem Taxi-Unternehmer nach Österreich fährt. Käme es in Österreich zum Unfall, wäre dennoch deutsches Recht anzuwenden, wenn man davon ausgeht, dass der Taxi-Vertrag dem deutschen Recht unterliegt.
Art. 24 Rom-II-VO schließt die Rückverweisung aus. Art. 3 Rom-II-VO bestimmt, dass die Verordnung unabhängig davon gilt, ob eine Verweisung auf einen Mitgliedsstaat stattfindet. Die Verordnung ersetzt in ihrem Anwendungsbereich das IPR der Mitgliedsstaaten. Die Verordnung gilt demnach auch dann, wenn beispielsweise zwei in der Schweiz lebende Autofahrer mit ihren schweizerischen Fahrzeugen in Konstanz einen Unfall erleiden. Das AG Konstanz könnte auf Grund des Tatortgerichtsstandes angerufen werden. Es würde dann unter Anwendung der Rom-II-VO zur Anwendung schweizerischen Rechts gelangen.
Die Reichweite des Schadensersatzstatuts wird in Art. 15 Rom-II-VO festgelegt. Es ist demnach maßgeblich für den Grund und den Umfang der Haftung einschließlich der Bestimmung der Person, die für ihre Handlungen haftbar gemacht werden kann und etwaiger Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen und für die Frage, inwieweit ein Dritter für die Handlungen einer anderen Person haftet. Daneben ist es wirksam für das Vorliegen, die Art und die Bemessung des Schadens oder der geforderten Wiedergutmachung sowie der Personen, die einen Anspruch auf Ersatz eines persönlich erlittenen Schadens haben, die Übertragbarkeit, einschließlich der Vererbbarkeit des Schadensersatzanspruchs
Diesbezüglich sind allerdings die Erwägungsgründe 32 und 33 zu beachten.
Der Erwägungsgrund 32 berechtigt die Gerichte jedes Mitgliedsstaates zur Anwendung des Ordre-Public-Vorbehalts. Die Anwendung einer Norm des an sich maßgeblichen Rechts kann abgelehnt werden, wenn die Norm zu einem unangemessenen, über den Ausgleich des entstandenen Schadens hinausgehenden Schadensersatz führen würde, der nach der Rechtsordnung des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts als mit der öffentlichen Ordnung ("ordre public") dieses Staates unvereinbar angesehen werden müsste.
Andererseits sieht der Erwägungsgrund 33 vor, dass die Gerichte bei der Schadensberechnung für Personenschäden in Fällen, in denen sich der Unfall in einem anderem Staat als dem des gewöhnlichen Aufenthalts des Opfers ereignet, alle relevanten tatsächlichen Umstände des jeweiligen Opfers berücksichtigen, insbesondere einschließlich tatsächlicher Verluste und Kosten für Nachsorge und medizinische Versorgung.
Damit wurde einem Abänderungsantrag des Europäischen Parlaments Rechnung getragen, der vorsah, dass das jeweilige Heimatrecht des Geschädigten zur Anwendung gelangen sollte. Man wird daher in der Zukunft bei der Berechnung eines Personenschadens nach dem ausländischen Recht stets im Auge behalten müssen, was der Geschädigte nach dem deutschen Recht erhalten hätte.
Schließlich regelt das Schadensersatzstatut nach Art. 15 lit.h Rom-II-VO auch die Frage der Verjährung und sonstiger Rechtsverluste durch Erlöschen der Ansprüche auf Schadensersatz oder Wiedergutmachung. Hier liegt in der täglichen Praxis eine erhebliche Haftungsfalle.
Ausdrücklich stellt Art. 17 Rom-II-VO klar, dass sich die zu beachtenden Verkehrsregeln nach dem jeweiligen Aufenthaltsstaat richten.
Art. 18 Rom-II-VO bestätigt, dass eine Direktklage gegen den Versicherer zulässig ist, wenn dies nach dem Schadensersatzstatut maßgeb...