B-BUZ § 7 Abs. 4
Leitsatz
Eine wirksame Mitteilung im Nachprüfungsverfahren über die Leistungseinstellung setzt jedenfalls bei fortdauernder Erkrankung voraus, dass nachvollziehbar dargelegt wird, welche Auswirkungen die Verbesserung des Gesundheitszustands des Versicherten auf dessen Fähigkeiten zur Berufsausübung hat.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.7.2008 – 12 U 22/08
Sachverhalt
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, war wegen einer schweren depressiven Störung ab 2002 berufsunfähig. Die Beklagte lehnte nach Einholung eines Gutachtens am 30.8.2007 weitere Leistungen ab. Dabei listete sie die gesundheitlichen Störungen, die zum Zeitpunkt ihrer Leistungsentscheidung vorlagen, auf und stellte ihnen den gegenwärtigen Befund wie folgt gegenüber:
Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger), ein Rechtsanwalt, ist bei der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) gegen Berufsunfähigkeit versichert. Nach den Vertragsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: B-BUZ) liegt vollständige Berufsunfähigkeit dann vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Liegt Berufsunfähigkeit mit einem Grad von mindestens 50 % vor, so ist die Beklagte vertragsgemäß verpflichtet, eine Berufsunfähigkeitsrente zu bezahlen sowie den Kläger vollständig von der Beitragszahlungspflicht zu befreien. Für den Fall anerkannter Berufsunfähigkeit sieht § 7 Abs. 4 B-BUZ Folgendes vor:
"Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50 Prozent vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte aus § 6 mit; sie wird nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden dieser Mitteilung wirksam, frühestens jedoch zu Beginn des darauf folgenden Versicherungsvierteljahres."
Unstreitig erkrankte der Kläger im Jahre 2001 an einer schweren depressiven Störung mit so genanntem Burn-out-Syndrom. Im Rahmen der (erstmaligen) Prüfung der Berufsunfähigkeit veranlasste die Beklagte eine psychiatrische Begutachtung. Hieraus ergab sich die Diagnose einer depressiven Störung und ein Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers von etwa 70 % (Gutachten von Prof. Dr. Sch vom 25.4.2002). Die Beklagte erkannte 2002 ihre Leistungsverpflichtung rückwirkend an und gewährte eine Berufsunfähigkeitsrente und Befreiung von der Beitragszahlungspflicht.
Im Rahmen einer Nachprüfung unterzog sich der Kläger 2007 einer Begutachtung Prof. Dr. Sch. Bei fortbestehender Diagnose einer depressiven Störung wurde die Frage nach dem Grad der Berufsunfähigkeit in dem daraufhin erstellten Gutachten dahingehend beantwortet, dass eine nachhaltige, 10 % bis 15 % überschreitende Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit auf psychiatrisch psychotherapeutischem Gebiet nicht mehr bestehe.
1. Stimmung gebessert, nur noch ansatzweise gedrückt, 2. keine kognitiven Störungen mehr, 3. erhaltene affektive Schwingungsfähigkeit, 4. Alkohol nur noch mäßig, 5. keine Suizidalität, so dass Ihnen die über halbschichtige Ausübung Ihres alten Berufes aus medizinischer Sicht möglich ist. Im Gutachten bescheinigt Prof. Dr. Sch, dass Sie alle Tätigkeiten als Rechtsanwalt wieder in vollem Umfang ausüben können. Eine nachhaltige 10–15 % übersteigende Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit besteht auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet nicht mehr.
Prof. Dr. Sch ist der Meinung, dass in den ersten Monaten des Wiedereintritts in das Berufsleben eine Überforderung vermieden werden sollte. Seiner Meinung nach ist eine stufenweise Belastung, beginnend mit 2-4 Stunden täglich zu empfehlen, bis Zug um Zug im Verlauf von 2–3 Monaten das gängige (vollschichtige) Arbeitspensum wieder erreicht wird.
Der Kläger verlangt im Wege der einstweiligen Verfügung Fortzahlung der Rente.
Aus den Gründen
“ … Nach der obergerichtlichen Rspr. (vgl. zuletzt OLG Saarbrücken NJW-RR 2007, 1406 f.), der sich der Senat anschließt, kann ein Versicherungsnehmer nach Einstellung der Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung durch den Versicherer grundsätzlich im Wege der einstweiligen Verfügung die vorläufige Fortsetzung der Zahlungen beanspruchen, wenn ein Verfügungsanspruch und als Verfügungsgrund eine Existenzgefährdung des Versicherungsnehmers durch die Zahlungseinstellung dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Das ist hier der Fall.
1. Der Senat hat keinen Zweifel, dass die mit Leistungsentscheidung vom 16.5.2002 von der Beklagten anerkannte Leistungspflicht jedenfalls bis zum 30.4.2008 nicht geendet hat und daher (auch) für den – hier zu beurteilenden – Zeitraum vom 1.1.2008 bis 30.4.2008 ein Verfügungsanspruch gegeben ist.
a) Bei einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung kann ein Versicherer sein Ziel, eine von ihm anerkannte Leistungspflicht wieder enden zu lassen, regelmäßig nur über ein so ...