BGB § 307; VVG § 81
Leitsatz
Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrages gegen Entgelt eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung, so verliert der Mieter diesen Versicherungsschutz nicht, wenn ein Dritter, dem er das Fahrzeug überlassen hat, dieses schuldhaft beschädigt.
Entgegenstehende AGB beeinträchtigen den Mieter unangemessen und sind deshalb gem. § 307 BGB unwirksam.
BGH, Urt. v. 20.5.2009 – XII ZR 94/07
Sachverhalt
Die Parteien streiten um Schadensersatz nach Vermietung eines Kraftfahrzeuges. Die Klägerin, ein gewerbliches Autovermietungsunternehmen, vermietete mit Vertrag vom 21.3.2003 an die Beklagte zu 1) einen Kleintransporter zum Zwecke der Weitervermietung. In den Vertragsbedingungen heißt es u.a.: "9. Haftung des Mieters"
Der Mieter haftet für während der Dauer des Mietvertrages entstandene Schäden am Fahrzeug … Bei Überlassung des Fahrzeugs an Dritte – einschließlich der in Ziff. 3 bezeichneten weiteren Fahrer – haftet der Mieter für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Mietvertrages und das Verhalten des/der Dritten wie für eigenes Handeln.
10. Haftungsreduzierung
Der Mieter kann – vorbehaltlich Ziff. 11 – seine Haftung nach Ziff. 9 durch Abschluss der Optionen "Haftungsreduzierung für alle Schäden einschließlich Fahrzeugdiebstahl" … gegen Zahlung der entsprechenden Zusatzgebühr auf eine bestimmte Selbstbeteiligung (SB) pro Schadensfall reduzieren …
11. Wegfall der Haftungsreduzierung
… Auch im Falle vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachter Schäden tritt die Haftungsreduzierung nach Ziff. 10 nicht ein. … “
Die Beklagte zu 1) vereinbarte mit der Klägerin eine Haftungsreduzierung und vermietete ihrerseits das Fahrzeug an den Beklagten zu 2). Dieser verursachte in Absprache mit dem Beklagten zu 3) vorsätzlich einen Unfall. Dabei entstand am Mietfahrzeug der Klägerin ein Sach- und Sachfolgeschaden in Höhe von 7.306,74 EUR. Die Beklagte zu 1) bezahlte darauf lediglich den vereinbarten Selbstbeteiligungsbetrag. Die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 1) hat das BG zurückgewiesen.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [12] „… 2. Diese Ausführungen des BG halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
[13] a) Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrages gegen Entgelt eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung, so darf dieser – gleichsam als Quasi-Versicherungsnehmer – darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeuges und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner AGB die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Diese vom BG zu Grunde gelegte Rechtsauffassung entspricht der st. Rspr. des BGH ( … Senat NJW 2005, 1183).
[14] b) Zutreffend ist das BG auch davon ausgegangen, dass in der Kraftfahrzeugvollversicherung eine Haftung des Versicherungsnehmers für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Fahrers, dem er das Fahrzeug überlassen hat, nicht in Betracht kommt. Das ergibt sich aus § 61 VVG a.F. (§ 81 VVG). Nach dieser Bestimmung ist der Versicherer von seinen Leistungspflichten nur frei, wenn der Versicherungsnehmer selbst den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Damit schließt bereits der Wortlaut des Gesetzes jede Zurechnung eines Drittverschuldens zu Lasten des Versicherungsnehmers aus. Es besteht auch weitgehend Einigkeit, dass im Rahmen des § 61 VVG a.F. die allgemeine zivilrechtliche Zurechnungsnorm für das Verschulden des Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) keine Anwendung findet. Begründet wird dies damit, dass § 61 VVG a.F. keine Schadensersatzpflicht statuiert, sondern einen subjektiven Risikoausschluss beinhaltet und anderenfalls die Gefahr bestünde, den Versicherungsschutz in einer Weise einzuschränken, der mit dem Zweck der Versicherung nicht mehr verträglich wäre (BGHZ 11, 120, 123).
[15] Allerdings wird es als zu weitgehend angesehen, eine Zurechnung groben Drittverschuldens auch dann zu verneinen, wenn der Dritte gleichsam an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist, ihn gleichsam repräsentiert. Auf diesem Gedanken beruht die bereits auf reichsgerichtliche Rspr. (RGZ 135, 370) zurückgehende, besonders für das Versicherungsrecht entwickelte “Repräsentantenhaftung’ (BGHZ 107, 229, 232 f., 171, 304, 306 f … .). Dem liegen Billigkeitserwägungen zu Grunde; dem Versicherungsnehmer, der das versicherte Risiko aus der Hand gibt und sich der Obhut über die Sache gänzlich entledigt, soll es verwehrt werden, die Lage des Versicherers nach Belieben zu verschlechtern mit der Folge, dass dieser auch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit des Repräsentanten leistungspflichtig...