BGB § 823 § 1359
Leitsatz
Die Haftungsmilderung nach § 1359 BGB greift nicht ein, wenn ein Ehepartner den anderen beim Wasserskifahren mit dem ziehenden Motorboot verletzt.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BGH, Urt. v. 24.3.2009 – VI ZR 79/08
Sachverhalt
Der Kläger begehrt von dem Beklagten im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs die Freistellung von Schadensersatzansprüchen, die der Ehefrau des Beklagten gegen ihn nach einem Bootsunfall zugesprochen worden sind.
Am 10.8.2001 waren der Beklagte und seine Ehefrau mit dem Kläger in dessen Motorboot zum abwechselnden Wasserskifahren auf den Gardasee ausgefahren. Zum Zeitpunkt des Unfalls fuhr die Ehefrau hinter dem vom Beklagten gesteuerten Boot Wasserski. Als sie ihre Wasserskifahrt beenden wollte und auf das Motorboot zuschwamm, drückte der Beklagte nach einem Warnschrei des Klägers die beiden Gashebel nach vorne. Da sich – ohne sein Wissen – beide Getriebehebel in Rückwärtsposition befanden, fuhr das Boot nicht wie beabsichtigt nach vorne, sondern nach hinten. Dadurch geriet seine Ehefrau in die Schraube des Bootes und verletzte sich schwer.
Der Beklagte hat selbst ein Motorboot, das über zwei Hebel gesteuert wird, wobei das Boot bei Vorwärtsstellung der Hebel nach vorne fährt und in Rückwärtsstellung der Hebel nach hinten. Das Motorboot des Klägers wird dagegen über vier Hebel bedient. Die beiden größeren Hebel lassen sich nur nach vorne bewegen und sind mit dem Gaspedal im Auto vergleichbar. Die beiden kleineren Hebel in der Mitte stellen das Getriebe dar. Sind diese Hebel nach vorne geschoben, fährt das Boot vorwärts, befinden sie sich in rückwärtiger Stellung, fährt das Boot rückwärts. In der Mitte befindet sich der Leerlauf. Zum Zeitpunkt des Unfalls befanden sich die Getriebehebel etwa in der Mitte; der Leerlauf war jedoch nicht eingerastet, sodass noch der Rückwärtsgang eingestellt war.
Das Betreiben von Wasserski in Binnengewässern ist in Italien durch Ministerialerlass Nr. 550 vom 20.7.1994 geregelt.
Der Kläger wurde durch rechtskräftiges Urteil des OLG München wegen Verletzung der ihm als Eigentümer und Begleitperson beim Wasserskifahren obliegenden Verkehrssicherungspflicht zum Schadensersatz an die Ehefrau des Beklagten verurteilt. Im jetzigen Verfahren begehrt er, ihn zu 80 % von den Schadensersatzansprüchen der Ehefrau des Beklagten und der Sozialversicherungsträger freizustellen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom BG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [6] „I. Das BG, dessen Urteil u.a. in OLGR Nürnberg 2008, 403 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, das Freistellungsbegehren des Klägers sei nicht begründet, weil eine gesamtschuldnerische Haftung der Parteien i.S.d. §§ 421, 426, 840 BGB nicht vorliege. Zwar stehe die Haftung des Klägers gegenüber der Geschädigten auf Grund des Urteils des OLG München fest. Der Beklagte hafte aber als Ehemann der Geschädigten wegen §§ 1359, 277 BGB nicht für sein objektiv vorliegendes Fehlverhalten, sodass zwischen ihm und dem Kläger kein Gesamtschuldverhältnis bestehe. Daher seien auch die Grundsätze des “gestörten Gesamtschuldnerausgleichs’ nicht anzuwenden.
[7] Bei gemeinsamer sportlicher Betätigung als Teil der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 S. 2 BGB) bestimme sich der wechselseitige Haftungsmaßstab nach § 1359 BGB. Es liege kein Unfall im Straßenverkehr vor, bei dem dieser Haftungsmaßstab nicht gelte, sondern ein Unfall bei der gemeinsamen Freizeitgestaltung. Das in dem Ministerialerlass Nr. 550 niedergelegte Gebot, “alle erforderlichen Vorkehrungen zur Vermeidung von Unfällen in den genutzten Bereichen zu treffen’, sei recht allgemein gehalten und mit den Detailregelungen des Straßenverkehrs nicht vergleichbar, die für einen individuellen Sorgfaltsmaßstab keinen Raum ließen.
[8] Im Streitfall hafte der Beklagte nach dem Sorgfaltsmaßstab der §§ 1359, 277 BGB nicht. Es handle sich um ein Augenblicksversagen, weil der sehr späte Warnschrei des Klägers eine Schreckreaktion des Beklagten verursacht und dieser wegen der Bauweise des Bootes den Hebel falsch umgelegt habe. Im vorliegenden Fall stehe nicht ein kurzzeitiges “nicht Aufpassen’ des Beklagten, sondern das unheilvolle Zusammenwirken einer ganzen Reihe von Umständen im Vordergrund, welches die persönliche Schuld des Beklagten in einem milderen Licht erscheinen lasse.
[9] II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[10] 1. Entgegen der Auffassung des BG kann der mildere Sorgfaltsmaßstab des § 1359 BGB im Streitfall keine Anwendung finden. Nach dieser Vorschrift haben die Ehegatten (für eingetragene Lebenspartner vgl. § 4 LPartG) bei Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die sie in eigene Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Zwar betrifft dieser Haftungsmaßstab anders als im ursprünglichen Gesetzentwurf nicht nur Verpflichtungen, die mit dem ehelichen Güterrecht oder der Schlüsselge...