Aus den Gründen: „ … II. Die gem. § 79 Abs. 1. Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge – vorläufigen – Erfolg, weil das der Staatsanwaltschaft auf richterliche Verfügung am 05.9.2008 zugegangene, für die Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht maßgebliche Urteil entgegen § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 StPO keine Gründe enthält und damit dem Senat eine materiell-rechtliche Überprüfung auf etwaige Rechtsfehler von vornherein verwehrt ist; eine Ergänzung durch die am 6.10.2008 zu den Akten gelangten schriftlichen Urteilsgründe ist unzulässig.
1. Das Rechtsbeschwerdegericht hat auf die Sachrüge hin zu prüfen, ob nach der am 5.9.2008 erfolgten Zustellung eines Urteils ohne Gründe an die Staatsanwaltschaft die Fertigung der am 6.10.2008 und damit innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO zu den Akten gelangten schriftlichen Urteilsgründe zulässig war – ohne dass es einer entsprechenden Verfahrensrüge bedarf –, weil von der Klärung dieser Frage abhängt, welcher Urteilstext auf die Sachrüge hin vom Rechtsbeschwerdegericht auf materiell-rechtliche Fehler überprüft werden soll (OLG Bamberg zfs 2006, 592 = VM 2007 Nr. 27; OLG Köln VRS 63, 460/461; BayObLG NStZ 1991, 342 = NZV 1991, 324/325 [= zfs 1991, 287]; OLG Düsseldorf MDR 1993, 894; OLG Brandenburg NStZ-RR 2004, 121; KG VRS 108, 278).
2. Im Bußgeldverfahren ist, wie auch im Strafverfahren, unabhängig von der Einhaltung der Urteilsabsetzungsfrist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO die nachträgliche Ergänzung eines nicht mit Gründen versehenen, also abgekürzten Urteils bzw. die nachträgliche Fertigung schriftlicher Urteilsgründe grundsätzlich unzulässig, wenn es bereits aus dem inneren Dienstbereich des Gerichts herausgegeben worden ist; dieser Grundsatz gilt nur dann nicht, wenn das Gesetz entsprechende Ausnahmen zulässt (stRspr. z.B. BGHSt 43, 22/26 [= zfs 1997, 274]; BayObLG zfs 2004, 382; OLG Bamberg zfs 2006, 592 = VM 2007 Nr. 27; zfs 2007, 55/56 – jeweils m.w.N.).
Für das Bußgeldverfahren regelt § 77b OWiG, unter welchen Voraussetzungen eine schriftliche Begründung des Urteils nachträglich zu den Akten gebracht werden kann. Erforderlich ist zunächst, dass nach § 77b Abs. 1 OWiG zulässigerweise von einer schriftlichen Begründung des Urteils abgesehen werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf die Einlegung der Rechtsbeschwerde verzichtet haben oder wenn innerhalb der Frist Rechtsbeschwerde nicht eingelegt wird (§ 77b Abs. 1 Satz 1 OWiG) oder wenn die Verzichtserklärung ausnahmsweise entbehrlich ist (§ 77b Abs. 1 Sätze 2 und 3 OWiG).
3. Im vorliegenden Fall hat auf Veranlassung des Tatrichters ein nicht mit Gründen versehenes. also abgekürztes Urteil den inneren Dienstbereich des Gerichts verlassen, ohne dass die Voraussetzungen des § 77b Abs. 1 OWiG gegeben waren.
a) Mit der in der Verfügung vom 2.9.2008 getroffenen Anordnung der Übersendung der Akten mit Hauptverhandlungsprotokoll und unterzeichnetem Urteilsformular an die Staatsanwaltschaft gem. § 41 StPO hat sich der Tatrichter für die Hinausgabe eines Urteils in eben dieser, nicht mit Gründen versehenen Fassung entschieden (grundlegend: Senatsbeschl. <in der Besetzung mit drei Richtern>v. 16.12.2008 – 3 SS OWi 1060/2008 [= zfs 2009, 175]; weiterhin OLG Celle VRS 75, 461/462 = MDR 1989, 482; OLG Rostock, Beschl. v. 6.10.2004 – 2 Ss [OWi] 259/04 I 174/04 – juris; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2007, 212/213; vgl. auch OLG Celle NZV 1999, 524 = VRS 97, 436/437; NStZ-RR 2000, 180 = VRS 98, 220/221; OLG Brandenburg NStZ-RR 2004, 121; OLG Bamberg zfs 2006, 592). Damit hat ein schriftliches Urteil ohne Gründe den inneren Dienstbereich des Gerichts verlassen und ist mit der Zustellung an die Staatsanwaltschaft nach außen hin in Erscheinung getreten.
aa) Bereits das Hauptverhandlungsprotokoll enthält vorliegend alle für den Urteilskopf nach 275 Abs. 3 StPO erforderlichen Angaben (Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 275 Rn 24), nämlich die Bezeichnung des Tages der Sitzung, den Namen des Richters, der Verteidigerin und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, Namen und Vornamen nebst Geburtsnamen des Betroffenen sowie den vollständigen Tenor einschließlich der angewendeten Vorschriften und ist von dem erkennenden Richter unterzeichnet. Gleiches gilt – bis auf die Aufnahme der Namen der Verteidigerin und der Protokollführerin – für das von dem Tatrichter unter Verwendung des Vordrucks handschriftlich erstellte und unterzeichnete, mit der Sitzungsniederschrift (wohl als weitere Anlage) zu den Akten gegebene und mit der Niederschrift bzw. den Akten der Staatsanwaltschaft zugestellte Urteil. Zwar hat der Tatrichter in diesem wie in dem Hauptverhandlungsprotokoll keine Urteilsgründe niedergelegt. Jedoch steht dies der Annahme eines bereits in das Hauptverhandlungsprotokoll aufgenommenen schriftlichen Urteils nicht zwingend entgegen, da der Richter im Bußgeldverfahren von einer schriftlichen Begründung des Urteils vollständig absehen ka...