Im Außenverhältnis des gesamtschuldnerisch neben dem Versicherungsnehmer als Schädiger gegenüber dem Geschädigten haftenden Kraftfahrthaftpflichtversicherer (vgl. § 3 Nr. 1 PflVG a.F.; § 115 VVG n.F.) begründet § 10 Nr. 5 AKB eine gegenüber dem Versicherungsnehmer wirkende Vollmacht über den Bereich der Prozessführung hinaus in der auch außergerichtlichen Schadensregulierung tätig zu werden (vgl. Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 10 AKB Rn 92 und 93). Diese Vollmacht ist die Kehrseite der Regulierungsverpflichtung und der Haftung der Haftpflichtversicherung neben ihrem Versicherungsnehmer (vgl. Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., § 10 Rn 90). Diese Regulierungsvoltmacht ist weitgehend, da sie auch in den Fällen besteht, in denen die Ansprüche des Dritten, mit dem die Haftpflichtversicherung verhandelt, die der Versicherungssumme übersteigen (vgl. BGH VersR 1972, 398; OLG Frankfurt VersR 1982, 58; Stiefel/Hofmann, a.a.O., § 10 AKB Rn 93; Wussow, VersR 1994, 1014, 1015; Bauer, Kraftfahrtversicherung, 5. Aufl., Rn 772). Sie berechtigt den Haftpflichtversicherer zum Abschluss von auch für und gegen den Versicherungsnehmer wirkenden Vergleichen (vgl. OLG München zfs 1995, 459; OLG Celle VersR 1955, 75).
1) Der Versicherungsnehmer hat keine Möglichkeit durch ein Regulierungsverbot der Kraftfahrthaftpflichtversicherung die Regulierung zu untersagen (vgl. Bauer, Kraftfahrthaftpflichtversicherung, 75. Aufl., Rn 777; vgl. auch OLG Bamberg VersR 1976, 651). Motiv für solche Versuche ist die bezweckte Erhaltung des Schadensfreiheitsrabattes. Da § 10 Nr. 5 AKB keine Beschränkung der Vollmacht der Haftpflichtversicherung im Außenverhältnis enthält, besteht rechtlich keine Möglichkeit der Durchsetzung eines Regulierungsverbotes.
2) Maßgeblich für die Regulierungstätigkeit der Kraftfahrthaftpflichtversicherung ist das pflichtgemäße Ermessen bei der Bearbeitung des Haftpflichtfalles (vgl. LG Trier r+s 1987, 272; Feyock/Jacobsen/Lemor, a.a.O., § 10 AKB Rn 91). Diese Einschränkung ist notwendig, da ansonsten die Gefahr bestünde, dass die Haftpflichtversicherung im Bewusstsein, durch Rückstufungen in dem Schadensfreiheitsrabatt zu Lasten ihres Versicherungsnehmers bei großzügiger Regulierung hierdurch einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. Allerdings wird der Haftpflichtversicherung ein weiter Ermessensspielraum bei der Ermessensausübung zugestanden. In die Beurteilung, ob reguliert oder der Anspruch des Dritten zurückgewiesen wird, dürfen auch wirtschaftliche Überlegungen einfließen. Insbesondere kann die ansonsten bestehende Notwendigkeit zeitraubender und vor allem aufwändiger und in ihrer Erfolgschance zweifelhafter Ermittlungen, die darüber hinaus in einem Missverhältnis zu dem Schadensumfang stehen, dazu führen, dass von diesen Aufklärungsmaßnahmen abgesehen werden darf und unter pauschaler und summarischer Beurteilung der Haftungslage – unter Offenlassung von Tatsachen- und Rechtsfragen – reguliert wird (vgl. LG Duisburg VersR 1987, 1004; LG Weiden zfs 1983, 53; AG Frankfurt DAR 1999, 554; AG Köln VersR 1984, 835).
3) Eine Verletzung dieses geschuldeten pflichtgemäßen Ermessens mit der Folge einer Schadensersatzpflicht der Haftpflichtversicherung liegt dann vor, wenn bei der Bearbeitung der Haftpflichtsache Willkür vorliegt. Wird auf eine ungeprüfte und in ihrem Wahrheitsgehalt zweifelhafte Schilderung des Anspruchsstellers, trotz fehlender Spuren einer Kollision der Fahrzeuge, hin gezahlt, liegt eine evidente Fehlbearbeitung vor (vgl. auch Heß/Höke, in: Beckmann/Beckmann-Matusche, Versicherungsrechtshandbuch, 1. Aufl., § 29 Rn 26; vgl. auch OLG Köln r+s 1992, 261; AG Münster zfs 1992, 375; AG München zfs 1987, 214). Darlegungs- und beweispflichtig für die behauptete Pflichtverletzung des Haftpflichtversicherers ist der Versicherungsnehmer (vgl. BGH VersR 1981, 181). Gelingt ihm dieser Nachweis, steht ihm ein Anspruch auf Erstattung der Prämiennachteile infolge der Rückstufung innerhalb des Schadensfreiheitsklassensystems gegen die Haftpflichtversicherung zu (vgl. LG Arnsberg NJW- RR 1986, 1353).
RiOLG a.D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg