[6] “… Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des BG, die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der Versicherten wegen vermehrter Bedürfnisse aus § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB hätten frühestens am 1.1.1995 auf die bei der AOK S bestehende Pflegekasse oder einen anderen Sozialversicherungsträger übergehen können mit der Folge, dass diese Ansprüche von dem zwischen der Versicherten und der Bekl. geschlossenen Abfindungsvergleich v. 25./31.12.1991 erfasst worden und nach §§ 779, 362 BGB erloschen seien.
[7] 1. Die Erwägungen des BG erweisen sich im Ausgangspunkt allerdings als zutreffend.
[8] a) Das BG hat zu Recht angenommen, dass sich der Übergang von Schadensersatzansprüchen sowohl nach § 116 Abs. 1 SGB X als auch nach dem gem. § 120 Abs. 1 S. 1 SGB X auf Schadensereignisse vor dem 30.6.1983 anwendbaren § 1542 RVO grds. schon im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses vollzieht, soweit der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten möglicherweise in Zukunft Leistungen zu erbringen hat, die sachlich und zeitlich mit den Erstattungsansprüchen des Geschädigten kongruent sind. Dabei reicht selbst eine weit entfernte Möglichkeit des Eintritts solcher Tatsachen aus, aufgrund derer Versicherungsleistungen zu erbringen sein werden; es darf die Entstehung solcher Leistungspflichten nur nicht völlig unwahrscheinlich, also geradezu ausgeschlossen sein (vgl. Senatsurt. v. 18.2.1997 – VI ZR 70/96, BGHZ 134, 381, 383 f.; v. 17.4.1990 – VI ZR 276/89, VersR 1990, 1028, 1029; … ). Dieser frühe Zeitpunkt ist für den Forderungsübergang auch wegen solcher Leistungen maßgebend, deren inhaltliche Ausgestaltung durch Veränderungen im Leistungsgefüge erst später erfolgt, soweit eine als Grundlage für den Forderungsübergang geeignete Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers gegenüber dem Geschädigten überhaupt in Betracht kommt (vgl. Senatsurt. v. 30.11.1955 – VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177, 178 f.; v. 25.3.1953 – VI ZR 13/52, VersR 1953, 209, 210; … ).
[9] b) Wie das BG weiter zutreffend angenommen hat, erfährt dieser Grundsatz allerdings eine Ausnahme in den Fällen, in denen neue Leistungsberechtigungen erst nach dem Schadensereignis aufgrund sog. “Systemänderungen’ geschaffen werden. Insoweit findet ein Forderungsübergang erst mit Inkrafttreten der Neuregelung statt (vgl. Senatsurt. v. 18.2.1997 – VI ZR 70/96, a.a.O., S. 384; v. 24.3.1954 – VI ZR 24/53, VersR 1954, 537, 538; v. 30.4.1955 – VI ZR 35/54, VersR 1955, 393; … ). Eine Systemänderung in diesem Sinne liegt vor, wenn eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers begründet wird, für die es bisher an einer gesetzlichen Grundlage gefehlt hat (vgl. Senatsurt. v. 24.3.1954 – VI ZR 24/53, VersR 1954, 537, 538; v. 11.1.1966 – VI ZR 173/64, VersR 1966, 233, 234), wenn also eine gesetzliche Neuregelung eine Anspruchsberechtigung, die im bisherigen Leistungssystem noch überhaupt nicht enthalten war, neu schafft (vgl. Senatsurt. v. 4.10.1983 – VI ZR 44/82, VersR 1984, 35, 36; v. 17.4.1990 – VI ZR 276/89, a.a.O.; … ). Entscheidend ist, ob einem Sozialversicherungsträger infolge einer Systemänderung ganz neue Leistungspflichten auferlegt worden sind, die nach der bisherigen gesetzlichen Regelung überhaupt nicht bestanden (vgl. Senatsurt. v. 24.3.1954 – VI ZR 24/53, a.a.O.; v. 11.1.1966 – VI ZR 173/64, a.a.O.; … ). Von einer solchen Systemänderung sind Gesetzesänderungen zu unterscheiden, die nur eine Erhöhung oder Modifizierung bereits gegebener Ansprüche regeln (vgl. Senatsurt. v. 18.2.1997 – VI ZR 70/96, a.a.O. S. 384; v. 12.7.1960 – VI ZR 122/59, VersR 1960, 830 f.; … ) oder sich als Fortentwicklung von im Kern bereits angelegten sozialversicherungsrechtlichen Leistungen darstellen (vgl. Senatsurt. v. 17.4.1990 – VI ZR 276/89, a.a.O. S. 1031).
[10] Eine Systemänderung hat der erkennende Senat beispielsweise für den mit dem Gesundheitsreform-Gesetz v. 20.12.1988 (BGBl I 1988 S. 2477) mit Wirkung zum 1.1.1989 eingeführten Anspruch auf häusliche Pflegehilfe nach §§ 53 ff. SGB V a.F. angenommen (Senatsurt. v. 18.2.1997 – VI ZR 70/96, a.a.O. S. 386; v. 13.4.1999 – VI ZR 88/98, [zfs 1999, 334].; … ). Maßgeblich hierfür war, dass die Neuregelung erstmals einen Anspruch auf Pflegeleistungen gewährte, der vom Vorliegen einer Krankheit unabhängig war und allein die Pflegebedürftigkeit voraussetzte. Zuvor war Pflegehilfe nur im Rahmen einer häuslichen Krankenpflege gewährt worden, die eine behandlungsfähige und behandlungsbedürftige Krankheit voraussetzte. Mit der Gesetzesänderung war mithin eine im bisherigen Leistungssystem neue und neuartige Leistungspflicht geschaffen worden (vgl. Senatsurt. v. 18.2.1997 – VI ZR 70/96, a.a.O. S. 386 sowie Begründung des Pflege-Versicherungsgesetzes, BT-Drucks 12/5262 S. 70).
[11] Eine Systemänderung hat der erkennende Senat dagegen verneint für den durch Art. 1 des Pflege-Versicherungsgesetzes v. 26.5.1994 (PflegeVG; BGBl I S. 1014) geschaffenen Anspruch auf Bewi...