Nach alledem ist festzuhalten, dass die Schadensregulierungspraxis der polnischen Versicherer gegen Art. 363 § 1 k.c. verstößt. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass ein wirtschaftlicher Totalschaden bereits vorliegt, wenn die Reparaturkosten 70–80 % des Wiederbeschaffungswerts betragen. Auch das Fordern von Reparaturrechnungen stellt einen Gesetzesverstoß dar, der so vom Geschädigten nicht hingenommen werden muss.

Bei konsequenter Befolgung der Rechtsprechung müsste in Fällen, in denen die Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungswert liegen, die Regulierung so erfolgen, dass sofort die Auszahlung der Brutto-Reparaturkosten an den Geschädigten erfolgt. Eine Regulierung auf Totalschadenbasis dürfte dann gar nicht stattfinden.

Diese Rechtsauffassung teilt auch der Ombudsmann der Versicherten (Polen). In einer Stellungnahme vom 22.2.2012 – Az. RU/WSI/G/630/12/MI – wurde die HDI Polen angewiesen, die unzulässige Regulierung auf Totalschadenbasis zu unterlassen und die Bruttoreparaturkosten an den Geschädigten auszuzahlen. Im vorliegenden Fall hatte die HDI Polen einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 14.700 Zloty ermittelt und einen Restwert in Höhe von 9.350 Zloty und dem Geschädigten somit 5.350 Zloty ausgezahlt. Eine Ermittlung der Reparaturkosten fand erst gar nicht statt. Der Ombudsmann berechnete die Brutto-Reparaturkosten auf 11.247,45 Zloty und wies die HDI Polen an, auf Grundlage der Brutto-Reparaturkosten abzurechnen.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Joachim Thunert M.L.E. und Dipl.-Jur. Marius Jansen , Hamburg

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