“Die Klage ist zulässig und bis auf die streitige Tatsache, dass der Schaden durch den VN der Bekl. verursacht worden ist, auch begründet.
Dem Kl. steht gegen die bekl. ein Anspruch auf Herausgabe des Gutachtens gem. § 810 BGB zu.
Ob die Schäden an dem Fahrzeug des Kl. aus dem von dem Kl. behaupteten, Unfallereignis am 7.2.2011 durch den VN der Bekl. stammen, vermochte das Gericht im hiesigen Prozess nicht entscheiden, so dass dem Antrag des Kl. nicht vollumfänglich stattgegeben wurde.
Im konkreten Fall ging es lediglich darum, ob dem Kl. ein Anspruch auf Herausgabe gegen die Bekl. über das von ihr erstellte Sachverständigengutachten zusteht. Nach § 810 BGB kann derjenige Einsicht in eine Urkunde verlangen, wenn diese in seinem Interesse errichtet worden ist. Bei dem Gutachten handelt es sich um eine Urkunde, die zumindest auch im Interesse der Kl. errichtet wurde. Das Gericht geht im konkreten Fall nicht davon aus, dass eine Versicherung das Gutachten lediglich im eigenen Interesse zur Grundlage ihrer Leistungsverpflichtung fertigen lässt. Wie das LG Dortmund in einem ähnlich gelagerten Fall bereits entschied (Urt. v. 21.6.2008 – 2 O 400/07), nimmt der VR durch die Ermittlung über Ursache und Höhe des Schadens auch die Interessen des VN wahr, da diesem Kosten für die eigene Schadensermittlung durch Einholung von Gutachten nicht erstattet werden. Das von der Bekl. beauftragte Gutachten soll zwar vordergründig dazu dienen, der Bekl. Klarheit über den möglichen Schaden, dessen Umfang und Bewertung zu verschaffen, da es jedoch die Gründlage einer möglichen Schadensregulierung bildet, greift das Ergebnis des Gutachtens unmittelbar in die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen des Kl. ein. Zwar wird ein Gutachten vordergründig für den internen Gebrauch des VR gefertigt, es betrifft jedoch zwangsläufig auch die Sphäre das Geschädigten.
Der VR ist dazu auch besser in der Lage als der Geschädigte; denn er muss zahlreiche gleichartige Schadensfälle regulieren und hat deshalb Vergleichsmöglichkeiten und Erfahrungen, verfügt über fachkundige Mitarbeiter und regelmäßig über Geschäftsverbindungen zu Sachverständigen. Seine Schadensermittlung stellt i.d.R. eine ausreichende Verhandlungsgrundlage für die Schadensregulierung dar und macht meistens eigene Aufwendungen des VN überflüssig. Ist der Geschädigte in dieser Weise auf die Schadensermittlung des VR angewiesen, dann muss er, damit seinerseits Waffengleichheit herrscht, auch Einsicht in das Ergebnis des Sachverständigen erhalten (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.4.2005 – 12 W 32/05).
Die Bekl. hat auf der Grundlage des durch den Sachverständigen eingeholten Gutachtens, die Daten des Kl. nach eigenen Angaben im Schreiben vom 27.8.2011 an das Hinweis- und Informationssystem in Baden-Baden weitergeleitet. Auch insoweit sind die rechtlichen Belange des Kl. dahingehend beeinträchtigt, dass die Einsichtnahme in das streitgegenständliche Gutachten zur Erhaltung und Verteidigung seiner rechtlich geschützten Interessen erforderlich ist.“
Mitgeteilt von RA und FA für Versicherungsrecht Dr. Karl Bauersachs, Karlsruhe