Einführung
Aus Anlass der Sessionseröffnung am 11.11. befasst sich vorliegender Beitrag mit der Rechtsprechung zu Schadensereignissen in der Zeit des Karnevals. Erörtert wird die Frage, ob bei Ausfall des Karnevals an sich gehaftet wird oder wer bei Verletzung durch Teilnehmer, Wurfmaterial, Fahrzeuge und Tiere bei Karnevalsumzügen aus schadensrechtlicher Sicht verantwortlich ist. Welche Haftungskonstellationen sind bei Karnevalsveranstaltungen im Trockenen, z.B. bei Stürzen auf der Tanzfläche, möglich und wie sind Karnevalsbräuche, wie beispielsweise das Abschneiden von Krawatten, haftungsrechtlich zu bewerten? Mit diesen Fragen setzt sich der Autor im Spiegel der Rechtsprechung auseinander und gibt abschließend einen Überblick über prozessuale Besonderheiten, die sich im Hinblick auf die Karnevalstage ergeben.
A. Haftungssituationen
Grob vier Themenkreise zum Karneval lassen sich identifizieren, welche Rechtsprechung und Literatur besonders beschäftigt haben: arbeitsrechtliche Probleme, verwaltungsrechtliche Fragestellungen im Hinblick auf die Sicherheit von Veranstaltungen, steuerrechtliche Aspekte und das vertragliche und außervertragliche Schadensrecht. Die zuletzt genannte Thematik ist Gegenstand der untersuchten karnevalistischen Haftungssituationen.
I. Karneval ohne Karneval
Der für einen Karnevalisten wohl schlimmstmögliche Fall ist, dass der Karneval mehr oder minder komplett ausfällt, wie dies 1991 aus Anteilnahme am Golfkrieg geschehen ist. Hier stellt sich das Problem, ob vertragliche Schadensersatzansprüche, z.B. für eine entgangene Gage für entfallene Veranstaltungen, geltend gemacht werden können. Nach der Rechtsprechung sind solche Ausfälle wegen fehlender Karnevalsstimmung über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu lösen. Ein Verzicht der Mehrheit der Bevölkerung auf karnevalistische Veranstaltungen sei ein allgemeines Risiko und lasse die gegenseitigen Leistungsansprüche entfallen, womit auch keine Grundlage für einen Schadensersatzanspruch bestehe.
II. Fastnachtsumzüge
Die wohl gefahrenträchtigsten Veranstaltungen im Karneval sind die vielerorts stattfindenden Umzüge, an denen nicht nur Fußgruppen, sondern auch Fahrzeuge und Tiere teilnehmen.
Werden Zuschauer eines Karnevalszuges verletzt, so kommen mangels einer vertraglichen Grundlage nur deliktische Ansprüche aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. z.B. § 229 StGB, §§ 831, 833 BGB, bzw. bei Einsatz von Fahrzeugen Ansprüche aus Gefährdungshaftung gemäß §§ 7 und 18 StVG in Betracht. Häufig wird der eigentliche Schädiger nicht zuletzt aufgrund einer möglichen Maskierung schwer zu ermitteln sein, so dass es für den Geschädigten wichtig ist, dass neben diesem auch die jeweilige Karnevalsgruppe oder der Veranstalter des Umzuges Anspruchsgegner sein können, selbst wenn teilnehmende Gruppen nicht als Verrichtungsgehilfen des Veranstalters zu qualifizieren sind.
1. Verletzungen durch Teilnehmer
Grundsätzlich trifft den Veranstalter eines Narrenumzuges eine Verkehrssicherungspflicht. Er hat nicht nur Verhaltensregeln aufzustellen, sondern muss ihre Befolgung auch durch den Einsatz von Aufsichtspersonen sicherstellen. Die Rechtsprechung begrenzt die Überwachungspflichten des Veranstalters durch die Kriterien der Geeignetheit und der Zumutbarkeit. So übersteigt eine Pflicht, jegliches mitgeführte Gerät durch einen Sachverständigen (z.B. Konfetti-Kanonen im Rahmen einer Schalldruckmessung) überprüfen zu lassen, das für einen Karnevalsverein wirtschaftlich Zumutbare.
Eine weitere Grenze findet die Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters bei strafbaren Exzessen einzelner Teilnehmer, z.B. durch vorsätzliche Körperverletzungen. Solche Exzesse müssen weder durch den Veranstalter vorhergesehen noch in die Sicherheitsvorkehrungen einbezogen werden.
Das bloße Betrachten in der ersten Zuschauerreihe stellt grundsätzlich kein Mitverschulden dar, auch muss niemand mit einem Anrempeln durch Teilnehmer rechnen. Allerdings können – vergleichbar mit der Situation bei Sportwettkämpfen – bei bestimmten Zusammenstößen die Grundsätze über die Inkaufnahme unvermeidbarer Risiken anwendbar sein, denn aufgrund der ausgelassenen Stimmung und des Alkoholkonsums sind Bewegungsabläufe häufig unkalkulierbar und Zusammenstöße unvermeidbar. Wer dagegen dadurch zu Schaden kommt, dass er zwischen zwei Narrengruppen die Straße überqueren will und eine nicht genügend große Lücke wählt, so dass es zu einem Zusammenstoß mit einem Teilnehmer kommt, den trifft ein Eigenverschulden. Denn es ist damit zu rechnen, dass einzelne Teilnehmer ihren Schabernack mit am Wegerand stehenden Betrachtern treiben und so gelegentlich zurückbleiben und später zu ihrer Gruppe aufschließen müssen. Auch auf einen erhöhten Lärm...