BGB § 812 Abs. 1 S. 1 § 823 Abs. 2 § 858 § 859
Leitsatz
Der Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Abschleppkosten richtet sich auch dann gegen den gestörten Grundstücksbesitzer, wenn dieser seinen Schadensersatzanspruch gegen den Störer an das Abschleppunternehmen abgetreten hat.
BGH, Urt. v. 6.7.2012 – V ZR 268/11
Sachverhalt
Der Kl. stellte sein Fahrzeug am 3.8.2010 auf einem Privatgrundstück im Bereich einer gekennzeichneten Feuerwehranfahrtszone ab. Die Bekl. ist aufgrund eines mit der Besitzerin des Grundstücks abgeschlossenen Vertrags verpflichtet, unbefugt abgestellte Fahrzeuge von dem Grundstück zu entfernen. Ihr sind von der Grundstücksbesitzerin deren Ansprüche auf Ersatz der Abschleppkosten gegen unberechtigt Parkende abgetreten.
Die Bekl. setzte das Fahrzeug um. Dessen Standort teilte sie dem Kl. erst nach Zahlung der Abschleppkosten von 261,21 EUR (brutto) mit. Der Kl., der diese Kosten für überhöht hält, verlangt mit der Klage die Rückzahlung von 130,31 EUR. AG und LG haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem LG zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kl. beantragt, verfolgt die Bekl. ihren Abweisungsantrag weiter.
2 Aus den Gründen:
[3]“ I. Das BG meint, dem Kl. stehe ein Bereicherungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu, weil der von ihm gezahlte Betrag die ortsüblichen Abschleppkosten übersteige und zudem Vergütungen für Dienstleistungen enthalte, für die er keinen Ersatz leisten müsse. Die Bekl. sei passivlegitimiert. Nach zutreffender, wenn auch umstrittener Ansicht richte sich der Bereicherungsanspruch des Schuldners, der auf eine nicht bestehende Forderung an den Zessionar geleistet habe, gegen diesen. Zu demselben Ergebnis gelange die Auffassung, die grds. den Zedenten als Bereicherungsschuldner ansehe. Ausnahmsweise hielten nämlich auch deren Vertreter einen Anspruch gegen den Zessionar für gegeben. Ein Ausnahmefall liege hier vor; denn die Bekl. habe durch die Ausübung ihres Zurückbehaltungsrechts an dem Fahrzeug des Kl. Druck auf diesen ausgeübt, unmittelbar und unverzüglich an sie zu leisten, ohne dass die Grundstücksbesitzerin dazu beigetragen habe.
[4] II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[5] 1. Zutreffend geht das BG allerdings davon aus, dass dem Kl. ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zusteht, soweit der von ihm geleistete Betrag den ersatzfähigen Schaden übersteigt, den die Grundstücksbesitzerin durch das unberechtigte Abstellen seines Fahrzeugs erlitten hat (vgl. Senat, Urt. v. 5.6.2009 V ZR 144/08, BGHZ 181, 233, 236 Rn 11).
[6] 2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme, dieser Anspruch richte sich gegen die Bekl. Der gestörte Grundstücksbesitzer ist nicht nur dann Bereicherungsschuldner, wenn das Abschlepp- bzw. Inkassounternehmen bloße Zahlstelle für die Abschleppkosten ist (Senat, a.a.O.), sondern grds. auch in den Fällen, in denen er – wie hier – seinen Schadensersatzanspruch gegen den Fahrzeugführer (§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB) an das Abschlepp- bzw. Inkassounternehmen abgetreten hat.
[7] a) Nach inzwischen gefestigter Rspr. des BGH findet, wenn der Schuldner nach Abtretung des Anspruchs an den Zessionar (Abtretungsempfänger) geleistet hat, die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung grds. nicht direkt in dem Verhältnis dieser Personen statt, sondern zum einen zwischen dem Zessionar und dem Zedenten (Abtretender) und zum anderen zwischen diesem und dem Schuldner (vgl. BGH, Urt. v. 2.11.1988 – IVb ZR 102/87, BGHZ 105, 365, 368 ff.; Urt. v. 10.3.1993 – XII ZR 253/91, BGHZ 122, 46, 50 f.; Urt. v. 24.2.2003 – II ZR 385/99, BGHZ 154, 88, 91; Urt. v. 19.1.2005 – VIII ZR 173/03, NJW 2005, 1369). Maßgeblicher Grund hierfür ist die sachgerechte Verteilung der Insolvenzrisiken, die nur gewährleistet ist, wenn die Rückabwicklung innerhalb der jeweiligen Kausalverhältnisse erfolgt (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2005 – VIII ZR 173/03, a.a.O.). Dieser Gesichtspunkt hat auch bei einem gesetzlichen Schuldverhältnis, wie es infolge unberechtigten Parkens zwischen dem betroffenen Grundstücksbesitzer und dem Fahrzeugführer entsteht, seine Berechtigung. Auch wenn dem Fahrzeugführer der Grundstücksbesitzer in aller Regel unbekannt sein wird, ist es ihm eher zuzumuten, dessen Insolvenzrisiko zu tragen als dasjenige des von diesem beauftragten Abschleppunternehmens. Während ihm nämlich das Parken auf dem fremden Grundstück unmittelbar zuzurechnen ist, hat er auf die Auswahl des Abschleppunternehmens durch den Gestörten keinerlei Einfluss. Gleichzeitig erscheint es billig, das Insolvenzrisiko des Abschlepp- oder Inkassounternehmens dem Geschädigten als dessen Auftraggeber aufzuerlegen.
[8] b) Außergewöhnliche Umstände, die eine Ausnahme von dem Grundsatz der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zedenten – hier also zwischen dem Kl. und der Grundstücksbesitzerin rechtfertigten, liegen nicht vor.
[9] Zwar hat der BGH in einem Fall, in dem der Zessionar den Schuldner – trotz lediglich vorläufiger Berechnung der (Werklohn-...