BGB § 677 § 683 § 670; HStrG § 15
Leitsatz
Zu Ansprüchen des Reinigungsunternehmens aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Verursacher einer Straßenverschmutzung, wenn das Unternehmen von der Gemeinde mit der Reinigung der Straße beauftragt worden ist.
BGH, Urt. v. 21.6.2012 – III ZR 275/11
Sachverhalt
Die Kl. verlangt von der Bekl. die Zahlung von Kosten für die Entfernung einer von einem Omnibus der Bekl. am 11.5.2010 auf der W-Straße (L 3093) im Bereich der Ortsdurchfahrt L/Hessen verursachten Kühlflüssigkeitsspur.
Die Stadt L erteilte der Kl. am 11.5.2010 einen Auftrag zur "Verkehrsflächenreinigung im maschinellen Nassreinigungsverfahren inkl. Nebenarbeiten". Der Text des von dem Vertreter der Stadt unterzeichneten Formulars der Kl. war auf eine Auftragserteilung durch den Verursacher der Verschmutzung zugeschnitten. So heißt es in den über der Unterschriftsleiste befindlichen Passagen:
“Der Unterzeichnete erklärt hiermit, als Halter und/oder Fahrer … , dass er die näher bezeichnete Verunreinigung verursacht hat. In Kenntnis dieser Tatsache hat er die ausführende Firma mit der Beseitigung der Verunreinigung beauftragt.
Als Auftraggeber bestätigt er ausdrücklich vor Leistung seiner Unterschrift, ausführlich darüber aufgeklärt worden zu sein, dass die Übernahme der Kosten durch den Haftpflichtversicherer zu einer Höherstufung des Versicherungsbeitrags führen kann. Gleichzeitig ist er darüber aufgeklärt worden, dass er neben seinem Haftpflichtversicherer persönlich verpflichtet ist, die Kosten der Reinigung zu tragen.
Datum:
_________________________
Unterschrift Berechtigter/Fahrer/Halter.“
Am 9.8.2010 trat die Stadt L ihre aus dem Schadensfall vom 11.5.2010 resultierenden Schadensersatzansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs in Höhe der entstandenen Reinigungskosten an die Kl. ab.
Mit Schreiben vom 10.8.2010 stellte die Kl. der Bekl. für die ausgeführten Arbeiten einen Betrag i.H.v. 1.446,09 EUR in Rechnung, der von der Bekl. nicht beglichen wurde.
Die Kl. hat die Auffassung vertreten, eine Gemeinde könnte bei Verletzung ihres Eigentums an der Straße grds. Schadensersatz nach zivilrechtlichen Vorschriften verlangen. Zudem stehe ihr ein eigener Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu, da im vorliegenden Fall zwischen der Stadt L und ihr keine Regelung über die Entgeltfrage getroffen worden sei.
Das AG hat die auf Zahlung von 1.446,09 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Das LG hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
Mit der vom BG zugelassenen Revision verfolgt die Kl. ihr Zahlungsbegehren weiter.
2 Aus den Gründen:
[8] "Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg."
[9] I. Das BG hat Ansprüche der Kl. sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht verneint.
[10] Ein etwaiger öffentlich-rechtlicher Anspruch der Stadt L gem. § 15 Abs. 1 des Hessischen Straßengesetzes (HStrG), wonach eine Gemeinde (unter anderem) die Verunreinigung von Ortsdurchfahrten auf Kosten des Verursachers beseitigen oder beseitigen lassen könne, sei jedenfalls nicht wirksam an die Kl. abgetreten worden. Ein privatrechtlicher Schadensersatzanspruch gem. § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB stehe der Stadt L nicht zu, da sie nicht Eigentümerin der verschmutzten Straße sei.
[11] Die Kl. habe gegen die Bekl. auch keine Ansprüche aus eigenem Recht aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn sie habe ohne den notwendigen Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt. Da die Kl. aufgrund des mit der Stadt L geschlossenen Vertrags tätig geworden sei, spiele es keine Rolle, dass es sich bei der Reinigung der Straße sowohl um ein objektiv eigenes als auch um ein objektiv fremdes Geschäft gehandelt habe. Die Grundsätze des sog. auch-fremden Geschäfts seien nicht anwendbar, wenn – wie vorliegend – Rechte und Pflichten und insb. die Entgeltfrage in einem mit einem Dritten geschlossenen Vertrag umfassend geregelt seien. Dem Auftragsformular vom 11.5.2010 sei zu entnehmen, dass die Reinigung der Straße gegen Zahlung einer Vergütung erfolgen solle. Soweit das Formular auf eine Beauftragung durch den Halter bzw. Fahrer des die Verunreinigung verursachenden Fahrzeugs zugeschnitten sei, ergebe sich bei interessengerechter Vertragsauslegung nichts anderes. Es sei ohne Belang, dass die vertragliche Vereinbarung keine ausdrückliche Regelung über die Höhe der von der Stadt L an die Kl. zu zahlenden Vergütung enthalte. Insofern sei ausreichend, dass die geschuldete Leistung überhaupt vergolten werden sollte.
[12] II. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.
[13] 1. Soweit das BG Ansprüche der Kl. aus abgetretenem Recht der Stadt L verneint hat, wird dies von der Revision hingenommen.
[14] 2. Das BG hat zutreffend eigene Ansprüche der Kl. gegen die Bekl. aus Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683, 670 BGB verneint.
[15] a) Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 HStrG hat derjenige, der eine Straße über das übliche Maß hinaus verunreinigt, die Verunreinigung ohne Aufforderung unverzüglich zu ...