[15] "… 1. Die Kl. hat gegen die Bekl. nach § 3 Nr. 1 und Nr. 3 Buchst. a AFB 87 i.V.m. § 16 Nr. 1 S. 2 AFB 87 wegen der Schadenminderungskosten und der Aufräumungs- und Abbruchkosten Anspruch auf Abschlagszahlungen i.H.v. 20.070 EUR und 181.250 EUR."

[16] Anders als das BG meint, setzt dieser Anspruch nicht voraus, dass der VN die diesbezüglichen Aufwendungen seinerseits bereits erbracht oder zumindest entsprechende Zahlungsverpflichtungen begründet hat.

[17] a) Das ergibt die Auslegung von § 3 Nr. 1 und Nr. 3 Buchst. a AFB 87.

[18] AVB sind nach gefestigter Rspr. des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. … Der VN, dem die Entstehungsgeschichte einer Klausel i.d.R. nicht bekannt ist, wird – wie auch das BG im Ansatz zutreffend annimmt – zunächst von ihrem Wortlaut ausgehen.

[19] aa) Dem Wortlaut des § 3 Nr. 1 und Nr. 3 Buchst. a AFB 87 kann er entnehmen, dass sich das Leistungsversprechen des VR im Falle eines Brandes i.S.d. § 1 Nr. 1 Buchst. a AFB 87 nicht darauf beschränkt, ihm die in § 2 AFB 87 aufgezählten Sachen zu ersetzen, soweit solche durch den Brand beschädigt sind, sondern der VR auch für die Vermögenseinbußen aufkommt, die dem VN aus Maßnahmen zur Schadenminderung sowie aus Aufräumungs- und Abbrucharbeiten entstehen. Dass die letztgenannten Versicherungsleistungen jeweils eine Vorleistung oder zumindest eine vertragliche Verpflichtung des VN voraussetzten, erschließt sich dem durchschnittlichen VN daraus nicht.

[20] bb) Die Ansicht des BG, der von der Klausel verwendete Begriff der Aufwendung impliziere bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine dem VN schon entstandene Vermögenseinbuße in dem Sinne, dass er entweder entsprechende Mittel bereits ausgegeben oder zumindest – etwa durch verbindliche Vergabe von Arbeitsaufträgen – eine entsprechende Verpflichtung begründet haben müsse, teilt der Senat nicht (vgl. ähnlich wie hier zum Begriff der “Kosten’: OLG Hamm VersR 1998, 1152 f.; OLG Celle VersR 2010, 383, 385 f.).

[21] Ein solch eingeschränktes Verständnis des Aufwendungsbegriffs in der Umgangssprache, welches etwa zur Folge hätte, den Begriff einer “künftigen Aufwendung’ (oder auch “künftiger Kosten’) als paradox anzusehen, lässt sich nicht feststellen. “Aufwendung’ bezeichnet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch den zweckgerichteten Einsatz finanzieller oder sachlicher Mittel oder von Arbeitskraft. Eine zeitliche Komponente des Inhalts, dass er allein rückblickend auf bereits entstandenen, geschehenen oder eingesetzten Mitteleinsatz bezogen werden könne, wohnt dem Aufwendungsbegriff nicht inne. Der Begriff kann mithin auch auf künftige Sachverhalte zielen und dabei zum Ausdruck bringen, dass jemand infolge bestimmter Ursachen gezwungen sein wird oder auch freiwillig beabsichtigt, Aufwendungen vorzunehmen. Ohne begleitende Einschränkungen und Erläuterungen, welche verdeutlichen, dass Aufwendungen bei einer Person bereits angefallen oder von ihr veranlasst sein sollen, bringt allein das Substantiv “Aufwendungen’ selbst bei gleichzeitiger Benennung ihres Zwecks nicht zum Ausdruck, ob der damit angesprochene Mitteleinsatz bereits geschehen ist oder nur geboten erscheint, aber noch aussteht. Mithin kann insb. nicht davon die Rede sein, dass das Wort Aufwendungen einen solchen – ausschließlich retrospektiven – Sinngehalt dem VN sogar verdeutlichte.

[22] Daran ändert die Formulierung in § 3 Nr. 1 AFB 87 nichts, wonach der VR “Aufwendungen, auch erfolglose, die der VN zur Abwendung oder Minderung des Schadens … für geboten halten durfte’, zu ersetzen hat. Dem BG ist zwar darin zuzustimmen, dass dieser Text den Rückblick auf bereits betriebenen Aufwand anspricht. Die im Imperfekt gehaltene Formulierung vermittelt dem durchschnittlichen VN allerdings nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass er für den Erhalt der Versicherungsleistung auf jeden Fall vorleistungspflichtig sein soll. Er kann den Satz auch dahin verstehen, dass sich die Frage, ob er Aufwendungen zur Schadenminderung für geboten halten durfte, nur bei bereits vorgenommenen, aber objektiv erfolglosen Aufwendungen zur Schadenabwehr oder -minderung stellt und sich die von der Klausel geforderte rückblickende Prognose mithin auch nur auf solche Aufwendungen bezieht, während es für andere (noch ausstehende) – objektiv zur Schadenminderung geeignete – Aufwendungen darauf nicht ankommt. Die Klausel kann mithin ebenso gut dahin verstanden werden, dass sie kein allgemeines Vorleistungserfordernis für erstattungsfähige Aufwendungen aufstellt, sondern eine Entschädigung beansprucht werden kann, wenn deren Höhe anderweitig belegt ist, etwa – wie hier – durch sogar unstreitige Feststellungen der herangezogenen Sachverständigen.

[23] cc) Der Begriff der Aufwendungen ha...

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