Der aus Art. 103 Abs. 1 GG abgeleiteten Begründungspflicht von gerichtlichen Entscheidungen häufig angeführte Grundsatz, dass keine Pflicht des Gerichts bestehe, sich mit jedem Vorbringen ausdrücklich auseinander zu setzen (vgl. BVerfGE 54, 86, 91 f.; BVerfGE 115, 166, 180) wird schon dadurch eingeschränkt, dass der Betr. nur bei Erörterung seines Vorbringens die Entscheidungsfindung nachvollziehen kann, insb., ob sein Vorbringen von dem Gericht zur Kenntnis genommen und überprüft worden ist (vgl. Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 103 GG Rn 32 und 58). Aus diesem Grunde sind Freistellungen von der Begründungspflicht verfassungsrechtlich zweifelhaft (vgl. Kornblum, ZRP 99, 382 zu § 495a ZPO). Neben der Erstreckung der Begründungspflicht auf die für die Beurteilung des Rechtsstreits wesentlichen Tatsachen (vgl. BVerfGE 47, 182, 189; BVerfG-Kammer NJW 1996, 2786) ist auch zu begründen, weshalb von einer höchstrichterlichen Rspr. abgewichen wird (BVerfG-Kammer NJW 1997, 187) und auch, weshalb kein Sachverständigengutachten eingeholt wurde (BVerwG DVBI 2002, 53). Allerdings besteht keine Pflicht, andere Gerichtsentscheidungen zu zitieren (vgl. BVerfGE 80, 170, 181).

Diese weitgehende Überprüfungsmöglichkeit wird von dem EGMR aus dem Grundsatz einer geordneten Rechtspflege abgeleitet (NJW 1999, 2429). Geht ein Gericht auf den zentralen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei in den Entscheidungsgründen nicht ein, soll dies den Schluss rechtfertigen, dass der Parteienvortrag nicht berücksichtigt worden ist (vgl. BVerfGE 86, 133, 146).

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 11/2013, S. 632 - 633

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