BGB § 249 Abs. 2 S. 2
Leitsatz
Ist bei der Ersatzbeschaffung von privat keine Umsatzsteuer angefallen, steht dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zu.
BGH, Urt. v. 2.7.2013 – VI ZR 351/12
Sachverhalt
Nach einem Verkehrsunfall im Jahre 2011, für den die Bekl. in vollem Umfang haftbar sind, erwarb der Kl. von privat ohne Anfall von Umsatzsteuer ein Ersatzfahrzeug zum Preise von 14.700 EUR. Das Unfallfahrzeug hatte am Unfalltag einen Wiederbeschaffungswert von brutto 22.000 EUR bzw. 18.487,40 EUR netto. Die beklagte Haftpflichtversicherung des Schädigers rechnete auf der Grundlage des Nettowiederbeschaffungswertes ab. AG und LG haben die Klage der Erstattung der Umsatzsteuer abgewiesen. Die zugelassene Revision des Kl., mit der er seinen Antrag auf Erstattung der anteiligen Umsatzsteuer, errechnet aus dem Preis des Ersatzfahrzeugs, weiter verfolgt hat, wurde abgewiesen.
2 Aus den Gründen:
[4] "Nach Auffassung des LG gilt der Grundsatz des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB, dass Umsatzsteuer im Rahmen eines Schadensersatzbetrags nur zu berücksichtigen ist, wenn diese tatsächlich angefallen ist, auch im vorliegenden Fall. Dies führe dazu, dass bei einer Ersatzbeschaffung von privat, bei der Umsatzsteuer nicht anfalle, diese auch nicht zu ersetzen sei. Der Kl. habe nur Ausgaben i.H.v. 14.700 EUR getätigt. Der von ihm geltend gemachten – fiktiven – Umsatzsteuer auf diesen Betrag, der an privat gezahlt worden sei, stünde keine tatsächlich vom Geschädigten getätigte Ausgabe gegenüber. Dies unterscheide den Streitfall von der im Senatsurt. v. 1.3.2005 (VI ZR 91/04, BGHZ 162, 270) entschiedenen Fallgestaltung, bei der der Geschädigte nicht den Ersatz fiktiver Umsatzsteuer, sondern den Ersatz des tatsächlich für die Ersatzbeschaffung aufgewendeten Betrags begehrt habe."
[5] II. Die Revision des Kl. ist unbegründet. Mit Recht hat das BG einen Anspruch auf Ersatz der anteiligen Umsatzsteuer verneint.
[6] 1. Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften v. 19.7.2002 (BGBl I 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der Gesetzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist. Für den Ersatz der Umsatzsteuer kommt es aber – unabhängig von dem Weg, den der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat – darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist. Sie soll nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt (vgl. Senatsurt. v. 5.2.2013 – VI ZR 363/11, VersR 2013, 471 Rn 14 f.).
[7] Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache – etwa beim Kauf von privat – keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. In diesem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 S. 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt. Dementsprechend hat der erkennende Senat entschieden, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer dann nicht erfolgt, wenn der Geschädigte weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist (vgl. Senatsurt. v. 22.9.2009 – VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn 11; v. 5.2.2013 – VI ZR 363/11, a.a.O. Rn 16). Dies gilt auch im Falle eines – hier vorliegenden – wirtschaftlichen Totalschadens (Senatsurt. v. 20.4.2004 – VI ZR 109/03, BGHZ 158, 388, 389 ff.; v. 18.5.2004 – VI ZR 267/03, VersR 2004, 927, 928; v. 1.3.2005 – VI ZR 91/04, a.a.O., 273 m.w.N.).
[8] 2. Nach diesen Grundsätzen steht dem Kl. kein Anspruch auf Ersatz anteiliger Umsatzsteuer zu, denn bei der Ersatzbeschaffung von privat ist keine Umsatzsteuer angefallen.
[9] Dies steht entgegen der Auffassung der Revision nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Senats v. 1.3.2005 (VI ZR 91/04, a.a.O.). Die damalige Fallgestaltung unterscheidet sich von dem hier vorliegenden Fall dadurch, dass der Kl. ein Ersatzfahrzeug beschafft hatte, dessen Kaufpreis den im Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert überstieg, und er seinen Schaden konkret auf Basis der Ersatzbeschaffung abgerechnet hatte. In diesem Fall hat der Senat entschieden, dass der Geschädigte im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersat...