" … Der Kl. hat gegen die Bekl. keinen Anspruch auf die vertraglich vereinbarten Leistungen wegen Berufsunfähigkeit, denn er hat nicht bewiesen, dass er seit dem 1.5.2008 – oder einem späteren Zeitpunkt – berufsunfähig i.S.d. Versicherungsbedingungen der Bekl. ist. …"

II.2b. Dem Kl. ist der Beweis einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht gelungen.

(1) Der für die Beurteilung relevante Bezugspunkt ist die bis November 2005 ausgeübte Tätigkeit als Verkaufs- und Personalleiter in der Firma N.

(a) Grds. ist die zeitlich letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten maßgebend, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war (BGH VersR 1993, 1470). Das gilt regelmäßig auch dann, wenn der Versicherte den Beruf zwischenzeitlich gewechselt hat. Dann ist i.d.R. nicht auf den früheren, sondern auf den zuletzt ausgeübten Beruf abzustellen (MüKo-VVG/Dörner, § 172 Rn 66 … ). Berufsunfähigkeit liegt in diesem Fall nicht vor, wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen zwar nicht mehr zur Ausübung des aufgegebenen, wohl aber zur Ausübung des neu gewählten Berufes noch in der Lage ist, und zwar auch dann, wenn sich der Versicherte aus anderen als gesundheitlichen Gründen dem neuen Beruf nicht gewachsen zeigt, denn die Berufswahl fällt ausschließlich in seine Risikosphäre (BGH VersR 1995, 159 … ).

(b) Vorliegend behauptet der Kl. selbst nicht, dass er – in zeitlicher Hinsicht – bereits vor der Beendigung seiner Tätigkeit bei der Firma N zum 30.11.2005 berufsunfähig i.S.d. Versicherungsbedingungen der Bekl. geworden sei.

Zwar will er sich hinsichtlich des Eintrittszeitpunkts der behaupteten Berufsunfähigkeit nicht abschließend festlegen. Er behauptet vielmehr lediglich, “spätestens’ seit April 2008 berufsunfähig zu sein. Aus der geltend gemachten Höhe der von ihm eingeklagten monatlichen Rente folgt aber, dass er diesen Zeitpunkt offenbar als Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit ansieht, denn den von ihm eingeklagten Beträgen liegt jeweils die garantierte monatliche Rente für Versicherungsfälle nach dem 1.9.2007 zugrunde. Auch steht damit im Einklang, dass der Kl. ebenfalls im April 2008 sein selbstständiges Gewerbe abgemeldet hat, mithin erst zu diesem Zeitpunkt subjektiv nicht mehr beabsichtigte, auf Dauer einer Berufstätigkeit nachzugehen. Dass die behaupteten körperlichen Leiden des Kl. möglicherweise schon zu Zeiten seiner Tätigkeit bei der Firma N begonnen haben – nach eigenen Angaben erstmals im September 2005 –, begründet dagegen nicht zugleich auch schon den Eintritt des Versicherungsfalls. Denn der Versicherungsfall setzt voraus, dass der Kl. infolge seines Leidens aus damaliger Sicht voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen zur Berufsausübung außerstande gewesen wäre. Dass eine solche Prognose schon damals hätte gestellt werden können, behauptet selbst der Kl. nicht.

Allerdings kann – abweichend von dem oben Gesagten – trotz eines zwischenzeitlichen Berufswechsels auf die frühere Tätigkeit abzustellen sein, wenn der vor Eintritt des Versicherungsfalls erfolgte Berufswechsel bereits durch die fortschreitende Erkrankung bedingt war, der Versicherte seine Berufstätigkeit nach und nach sozusagen “leidensbedingt’ zurückgenommen hat (BGH VersR 1993, 1470 … ). In einem solchen Fall bleibt als Vergleichsmaßstab grds. die von ihm vormals ausgeübte Berufstätigkeit maßgeblich; andernfalls würde in den Fällen eines langsam fortschreitenden Leidensprozesses oder Kräfteverfalls – ein schlagartiger Leistungsabfall ist nicht die Regel – der Versicherungsfall häufig nicht eintreten, obwohl die Beeinträchtigung des Versicherten, gemessen an seiner Leistungsfähigkeit in gesunden Tagen, 50 Prozent längst erreicht oder gar überschritten hat. Damit wäre die Berufsunfähigkeitsversicherung entwertet (BGH VersR 1993, 1470). Anderes gilt, wenn der Versicherte seinen Beruf nicht wegen seines bestehenden Leidens, sondern aus davon unabhängigen, insb. wirtschaftlichen Gründen wechselt. Dann kommt es auf den neuen als den bedingungsgemäß zuletzt ausgeübten Beruf an (vgl. Prölss/Martin/Lücke, § 172 Rn 62).

Entgegen der Auffassung des LG kann nicht festgestellt werden, dass der Kl. seinen früheren Beruf im November 2005 leidensbedingt aufgegeben hätte. Der Kl., der für das maßgebliche Berufsbild im Zeitpunkt des Versicherungsfalls darlegungs- und beweisbelastet ist, hat das nicht bewiesen. Zwar befand er sich ausweislich seiner Angaben im Leistungsantrag wegen orthopädischer Beschwerden seit September 2005 in ärztlicher Behandlung und war ab dem 14.11.2005 krankgeschrieben. Die Beendigung seines Arbeitsvertrags erfolgte indes schon zum 30.11.2005, und zwar im Wege der betriebsbedingten Kündigung. Dafür, dass diese Kündigung lediglich “formal betriebsbedingt’ ausgesprochen worden, dem Kl. eine Fortsetzung der Tätigkeit jedoch schon seinerzeit allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen wäre, ist nichts ersichtlich. Operative Behandlungen des Kl. wegen der genannten Beschwerden erfolgten erstmals Mitte 2006. Der vo...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?