" … 1. In der Sache ist das Erstgericht zunächst davon ausgegangen, dass der Kl. wie auch die Bekl. grds. für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gem. § 7 bzw. § 18 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) einzustehen haben, weil die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kfz entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG darstellte. Dies ist zutreffend und wird von der Berufung nicht angegriffen."
2. Im Rahmen der hiernach gem. § 17 Abs. 1, 2 StVG gebotenen Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und -verschuldensanteile hat das Erstgericht in der Sache weiter angenommen, die Zeugin … habe den Unfall durch eine Vorfahrtsverletzung nach § 8 StVO verursacht. Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg.
a) Kommt es – wie hier – im Einmündungsbereich zu einer Kollision, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein Verstoß gegen § 8 StVO unfallursächlich war, solange sich der Wartepflichtige noch nicht ohne Behinderung des bevorrechtigten Verkehrs eingeordnet hat (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.11.1975 – VI ZR 172/74, MDR 1976, 305; KG NZV 2002, 79; Kammerurt. v. 18.6.2010 – 13 S 44/10 und v. 21.10.2011 – 13 S 124/11, Kammerbeschl. v. 8.6.2012 – 13 S 35/12, vom 2.7.2012 – 13 S 69/12 und v. 20.8.2012 – 13 S 124/12; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 8 StVO Rn 68). Dies wird im Ausgangspunkt von der Berufung auch nicht in Zweifel gezogen.
b) Zu Recht hat das Erstgericht diesen Anscheinsbeweis vorliegend nicht als erschüttert angesehen.
aa) Im Einzelnen ist umstritten, ob der Wartepflichtige auf ein angekündigtes Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten bereits dann vertrauen darf, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte die Abbiegeabsicht in Zweifel ziehen (vgl. OLGR München 1998, 474; KG DAR 1990, 142; Henschel/König/Dauer, a.a.O., § 8 StVO Rn 54; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 8 StVO Rn 63), oder ob der Wartepflichtige trotz eingeschalteter rechter Blinkleuchte des vorfahrtsberechtigten Fahrzeugs nur dann auf dessen Abbiegen vertrauen darf, wenn sich dieses in der Gesamtschau der Fahrsituation – sei es durch eindeutige Herabsetzung der Geschwindigkeit, sei es durch den Beginn des Abbiegens selber – zweifelsfrei manifestiert (vgl. Saarländisches OLG NJW-RR 2008, 1611; OLG Hamm NJW-RR 2003, 975; wohl auch OLG Karlsruhe DAR 2001, 128; offen gelassen von der Kammer, Beschl. v. 2.7.2012 – 13 S 69/12 und v. 20.8.2012 – 13 S 124/12). Die Streitfrage bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung.
bb) Zu Recht hat das Erstgericht nämlich schon keine Umstände als erwiesen angesehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit dafür ergibt, dass der Kl. keinen Zweifel an der Abbiegeabsicht der Erstbeklagten haben musste.
Der Anscheinsbeweis kann entkräftet werden, wenn der Gegner des Beweisbelasteten Umstände nachweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt (BGH, Urt. v. 3.7.1990 – VI ZR 239/89, NJW 1991, 230 f.; Urt. v. 11.10.1983 – VI ZR 141/82, VersR 1984, 44; Urt. v. 30.10.1985 – IV a ZR 10/84, VersR 70, 125 ff.; BGHZ 6, 169 f.; Kammerurt. v. 9.7.2010 – 13 S 46/10).
Das Erstgericht hat angenommen, dass dies dem Kl. nicht gelungen ist. In tatsächlicher Hinsicht sei nämlich lediglich feststellbar, dass die Erstbeklagte einmal den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt habe. Im Übrigen sei das vorkollisionäre Verhalten der Erstbeklagten nicht aufklärbar.
Dies ist nicht zu beanstanden. In tatsächlicher Hinsicht ist das BG nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte in diesem Sinne sind alle objektivierbaren, rechtlichen und tatsächlichen Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloße subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (vgl. BGHZ 164, 330, 332 m.w.N.). Konkrete Anhaltspunkte, die solche Zweifel begründen und eine erneute Feststellung gebieten könnten, liegen nicht vor. In seiner Beweiswürdigung hat sich das Erstgericht vielmehr entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt, ohne gegen Denk- oder Erfahrungsgesetze zu verstoßen. Dabei hat es insb. die Angaben der Erstbeklagten einerseits und die Bekundungen der Zeugin … nachvollziehbar und unter Berücksichtigung des Eigeninteresses sowohl der Erstbeklagten als auch der Zeugin … gewürdigt. Angesichts des Umstandes, dass die Erstbeklagte ohne weiteres eingeräumt hat, sie habe einmal geblinkt, ist es nicht zu beanstanden, dass das Erstgerich...