VVG § 213 § 14
Leitsatz
1. Die notwendigen Erhebungen des VR zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung gem. § 14 Abs. 1 VVG umfassen auch die Prüfung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht; ist dem VR die Einholung von Informationen über Gesundheitsdaten des VN aus vorvertraglicher Zeit mangels Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung des VN nicht möglich, ist dessen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht fällig.
2. Aus § 213 VVG und der zugrunde liegenden Rspr. des BVerfG ergibt sich nicht, dass der VR diese Informationen seit Inkrafttreten des neuen VVG nicht mehr, jedenfalls nur bei einem konkreten Verdacht einer Anzeigepflichtverletzung und/oder nur beschränkt auf solche Gesundheitsdaten einholen darf, die einen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt haben können.
KG, Urt. v. 8.7.2014 – 6 U 134/13
Sachverhalt
Der Kl. begehrt Versicherungsleistungen aus einer mit der Bekl. zum 1.4.2009 zustande gekommenen Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Behauptung, er sei seit dem 6.5.2010 wegen einer depressiven Erkrankung und eines "Burn-Out Syndroms" bedingungsgemäß berufsunfähig.
Das LG hat die Klage mit am 26.6.2013 zugestelltem Urteil abgewiesen, nachdem der Bekl. mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten v. 27.7.2012 ausdrücklich der Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten durch die Bekl. widersprochen hatte, "soweit das die Überprüfung vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzungen betrifft".
2 Aus den Gründen:
" … Zu Recht hat das LG die Klage auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung als “derzeit unbegründet‘ abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe greifen nicht durch."
Der Anspruch des Kl. auf die begehrten Versicherungsleistungen wäre, selbst wenn der Kl. seit dem 6.5.2010 bedingungsgemäß berufsunfähig in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit geworden sein sollte, derzeit nicht i.S.d. § 14 VVG fällig, weil die Bekl. wegen des Widerspruchs des Kl. gegen die beabsichtigte Erhebung von Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit mit Schreiben v. 27.7.2012 ihre Leistungsprüfung nicht abschließen kann.
1. Die Fälligkeit eines möglichen Anspruchs des Kl. auf die Versicherungsleistung ist vorliegend nicht schon durch den Zugang des Schreibens der Bekl. v. 15.6.2012 eingetreten. Entgegen der Ansicht des Kl. stellt dieses Schreiben keine die Fälligkeit auslösende Leistungsablehnung seitens der Bekl. dar. Eine solche wäre nur gegeben, wenn die Bekl. ihre Leistungsprüfung als beendet angesehen und dabei die Voraussetzungen für einen Anspruch auf die Versicherungsleistung verneint hätte. Das Schreiben der Bekl. v. 15.6.2012 gibt jedoch weder eine Leistungsablehnung wieder noch lässt es erkennen, dass die Bekl. die aus ihrer Sicht notwendigen Feststellungen bereits für abgeschlossen erachtet. Vielmehr weist das Schreiben ausdrücklich darauf hin, dass die Bekl. die Einholung zusätzlicher Informationen für erforderlich erachtet und dass sie, weil der Kl. den Anfragen bei den Krankenkassen und dem behandelnden Arzt erneut widersprochen hat, ihre Leistungsprüfung zunächst wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht einstellt. Dies stellt keine die Fälligkeit auslösende Ablehnungsentscheidung dar, sondern gibt – auch aus der Sicht eines durchschnittlich verständigen VN – lediglich einen Hinweis darauf, dass dem Abschluss der Leistungsprüfung ein Hindernis entgegensteht, auf das der VN Einfluss hat. Dies ist für den Kl. insb. auch aus dem letzten Satz des nachfolgenden Schreibens der Bekl. v. 6.7.2012 deutlich geworden, in dem sie ausdrücklich darauf hinweist, dass sie mit der Bearbeitung fortfahren wird, sobald der Kl. sein Einverständnis mit der begehrten Erhebung der vorvertraglichen Daten erklärt. Der Kl. kann sich auch nicht darauf berufen, die Bekl. wolle treuwidrigerweise allein die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht prüfen und befasse sich nicht mit der Prüfung des Eintritts der Berufsunfähigkeit. Denn wenn die Bekl. die Prüfung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht als erforderlichen Teil einer umfassenden Leistungsprüfung angesehen hat, ihr die Prüfung dieses Teils jedoch verwehrt worden ist, war sie nicht gehalten, ihre Prüfung fortzusetzen und auf den vom Kl. gewünschten Umfang zu beschränken.
2. Der Kl. hat der Bekl. entgegen seinem Vorbringen keine Einwilligung erteilt, aufgrund derer sie im Rahmen ihrer Feststellungen seine Gesundheitsdaten aus der Zeit vor Vertragsschluss hätte erheben können; einer solchen hat er vielmehr mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten v. 27.7.2012 ausdrücklich widersprochen. Es ist zwar zutreffend, dass er zunächst mit anwaltlichem Schreiben v. 24.4.2012 die Schweigepflichtentbindungserklärung v. 16.2.2012 übersandt hatte, nach deren Inhalt die Bekl. auch vorvertragliche Gesundheitsdaten hätte abfragen können, wenn man den darin enthaltenen Konditionalsatz “soweit die Kenntnis der Daten für die Beurteilung der Leistungspflicht erforderlich ist‘ dahin versteht, das auch vorvertragliche Daten umfasst s...