[11] "… Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das BG. …"
[17] II. 1. Keinen Bedenken begegnet es allerdings, dass das BG keine Feststellungen zur Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des S getroffen hat. Ihr Vorliegen ist im Rechtsstreit des VN oder des Geschädigten gegen den Berufshaftpflichtversicherer für die Frage der Vorleistungspflicht zu unterstellen. Der Berufshaftpflichtversicherer ist gem. § 19a Abs. 2 S. 2 BNotO gerade dann vorleistungspflichtig, wenn – wie im Streitfall – die Wissentlichkeit der Pflichtverletzung in Rede steht und andere Leistungsverweigerungsgründe des Berufshaftpflichtversicherers nicht bestehen. Die Vorleistungspflicht des Berufshaftpflichtversicherers setzt indes weiter voraus, dass er im Falle einer wissentlichen Pflichtverletzung beim Vertrauensschadenversicherer Regress nehmen kann; seine Pflicht wird durch diese Regressansprüche begrenzt (Senat VersR 2011, 1264 Rn 9). Sie entfällt deshalb grds. bei einer Fristversäumnis der Meldung des Schadenfalls beim Vertrauensschadenversicherer.
[18] 2. Etwas anderes gilt …, wenn die Frist unverschuldet versäumt wurde. Denn bleibt der Berufshaftpflichtversicherer – hier also die Bekl. – vorleistungspflichtig, weil sich der Vertrauensschadenversicherer in diesem Fall auf die Versäumung der Frist nicht berufen kann (Senat VersR 2011, 1173 Rn 30) und die Regressmöglichkeit im Verhältnis der VR damit fortbesteht.
[19] 3. Die Begründung, mit der das BG ein Verschulden der Kl. bei der Versäumung der Meldefrist verneint hat, ist jedoch von Rechtsfehlern beeinflusst und kann deshalb keinen Bestand haben. Somit ist die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Prüfung fehlenden Verschuldens erforderlich.
[20] a) Wie der Senat bereits zu parallel gelagerten Ausschlussfristen in § 4 Nr. 4 ARB 1975 und § 12 Abs. 3 VVG a.F. entschieden hat, unterliegt es im wesentlichen tatrichterlicher Würdigung, die der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur in beschränktem Umfange zugänglich ist, ob im Einzelfall davon auszugehen ist, dass den VN kein Verschulden trifft (Senat VersR 1992, 819 unter II 2 und VersR 1987, 897 unter I 2).
[21] b) Der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterfällt dabei jedoch die Frage, ob das BG die für ein etwaiges Verschulden maßgeblichen Umstände vollständig gewürdigt und ob es der Prüfung fehlenden Verschuldens zutreffende Grundsätze zugrunde gelegt hat. Beides ist im Streitfall zu verneinen.
[22] aa) Zu Recht hat das BG allerdings ein Verschulden der Kl. als der Geschädigten geprüft. Das Unterlassen einer rechtzeitigen Schadenmeldung stellt ein Verhalten des Versicherten i.S.v. § 79 Abs. 1 VVG a.F. dar. Hierfür gilt die Ausnahmeregelung des § 79 Abs. 2 VVG a.F. nicht.
[23] bb) Das BG hat jedoch einen falschen Maßstab an die Prüfung eines Verschuldens der Geschädigten angelegt.
[24] (1) Das OLG Köln (Urt. v. 22.1.2013 9 U 141/12) und das KG (Urt. v. 24.4.2012 6 U 92/10, juris) vertreten hinsichtlich dieses Maßstabs die Auffassung, dass der Geschädigte zur Abgabe einer vorsorglichen Schadenmeldung beim Vertrauensschadenversicherer bereits dann gehalten sei, wenn er – und sei es nur aufgrund einer “Gesamtschau‘ ihm bekannter Umstände (so OLG Köln a.a.O.) – allgemein hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Vertrauensschadenfalls habe, mag er auch die konkret vorliegende Pflichtverletzung noch nicht erkannt haben und mögen auch die maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen aus seiner Sicht noch nicht feststehen.
[25] (2) Demgegenüber liegt dem Berufungsurteil die Ansicht zugrunde, dass der Geschädigte erst dann zur Schadenmeldung gehalten sei, wenn er hinreichende Anhaltspunkte für genau diejenige Pflichtverletzung des Notars habe, die in einem späteren Haftpflichtprozess als schadenursächlich festgestellt worden sei.
[26] (3) Diese Auffassung des BG ist zu eng.
[27] Bereits in einer früheren Entscheidung hat der Senat ausgesprochen, dass an die Meldung des Versicherungsfalls keine hohen Anforderungen zu stellen sind und insb. eine schlüssige Darlegung nicht erforderlich ist (Senat VersR 2011, 1173 Rn 35). Dies ergibt sich aus dem Zweck der Meldefrist, die auf dem Interesse des Vertrauensschadenversicherers beruht, sich Gewissheit über seine Leistungspflicht verschaffen zu können und nicht erst zu einem Zeitpunkt in Anspruch genommen zu werden, in dem die Aufklärung von Ursachenzusammenhang und Wissentlichkeit der Pflichtverletzung infolge Zeitablaufs erschwert ist. Diesen Zweck könnte die Schadenmeldung nur eingeschränkt erfüllen, wenn ihre Abgabe erst erforderlich würde, sobald der VN oder Geschädigte konkretes Wissen um genau die in einem späteren Haftpflichtprozess festgestellte Pflichtverletzung des Notars hat. Abgesehen davon, dass es nicht in jedem Vertrauensschadenfall zu einem vorherigen Haftpflichtprozess kommt, würde damit ein Wissen vorausgesetzt, dass bereits eine schlüssige Darlegung der wissentlichen Pflichtverletzung ermöglicht. Deshalb ist eine Schadenmeldung jedenfalls noch vor Fristabla...